Projektbericht

Karg Campus Schule Bayern. Entwicklung von Kompetenzzentren zur Begabtenförderung

Thema

Kompetenzzentren für Begabtenförderung an Schulen

Herausgeberschaft

Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst/Karg-Stiftung (Hrsg.)

Autoren/Autorinnen

Gabriele Weigand/Corinna Maulbetsch/Mirjam Maier

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2017

Stiftungsengagement

Karg-Stiftung

Literaturangabe

Gabriele Weigand/Corinna Maulbetsch/Mirjam Maier: Karg Campus Schule Bayern. Entwicklung von Kompetenzzentren für Begabtenförderung. Projektdokumentation. Hrsg. v. Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst/Karg-Stiftung. München 2017.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Das Thema Begabtenförderung spielt in der bayerischen Bildungspolitik eine wichtige Rolle. Damit Schulen und Lehrkräfte in Bayern besonders begabte und hochbegabte Schülerinnen und Schüler im Unterricht noch intensiver fördern können, hat das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit der Karg-Stiftung das Projekt „Karg Campus Schule Bayern. Schul- und Unterrichtsentwicklung an den acht Gymnasien mit Hochbegabtenklassen und Weiterentwicklung der Begabtenförderung an Gymnasien in Bayern“ initiiert. An dessen Ende stand die Einrichtung von acht regionalen Kompetenzzentren für Begabtenförderung in Bayern, die im Schuljahr 2016/2017 ihre Arbeit aufgenommen haben. Durch vielfältige und adressatenbezogene Fortbildungsangebote sollen diese Zentren nun sicherstellen, dass das Thema Begabtenförderung noch stärker in die Schulentwicklung vor Ort einfließen kann.

Die Karg-Stiftung hat bereits zahlreiche Qualifizierungsprojekte im Schulbereich durchgeführt und gefördert, die Elemente der Weiterbildung, Prozessbegleitung und Netzwerkentwicklung umfassen. Das Pilotprojekt „Karg Campus Schule Bayern“ wurde von September 2014 bis Februar 2017 mit wissenschaftlicher Begleitung durchgeführt. Grundlage bildete das Konzept von Karg Campus, das auf den Erfahrungen, Erkenntnissen und Expertisen der Karg-Stiftung und ihrer Partnerinnen und Partner zur Qualifizierung in der Hochbegabtenförderung basiert. Bei der Durchführung des Projekts wurden die Karg-Stiftung und das Kultusministerium von der Arbeitsstelle Hochbegabung an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe sowie dem Weiterbildungsinstitut eVOCATIOn e.V. unterstützt.

Im Projektverlauf haben die acht bayerischen Gymnasien mit Hochbegabtenklassen ihren Unterricht und ihr Schulprofil in der Begabten- und Hochbegabtenförderung konzeptionell wie auch praktisch systematisch weiterentwickelt und den Transfer ihrer Erfahrungen und Expertise in der personenbezogenen individuellen Förderung an weitere Schulen ihrer Region vorbereitet. Als Kompetenzzentren für Begabtenförderung (KompeZBF) geben die acht Gymnasien nun allen Gymnasien und weiteren Schulen in Bayern nun Impulse, wie die Förderung besonders begabter und leistungsstarker Schülerinnen und Schüler gelingen kann.

Die Publikation ist eine Projektdokumentation, in der das Projekt vorgestellt, über den Projektverlauf berichtet und erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung dargestellt werden. Das Projekt soll als Best-Practice-Beispiel auch anderen Ländern als Vorbild dienen. Die Autorinnen und Autoren sind Prof. Dr. Gabriele Weigand, Dr. Corinna Maulbetsch, Mirjam Maier (Arbeitsstelle Hochbegabung an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe) unter Mitwirkung von OStD a. D. Armin Hackl (eVOCATIOn-Weiterbildungsinstitut) und Jasmin Zuber (Pädagogische Hochschule Karlsruhe).

Wichtige Ergebnisse

Konzept

Die acht Gymnasien mit Hochbegabtenklassen hatten bereits langjährige Erfahrungen in der schulischen Hochbegabtenförderung, ihr Schulprofil in diesem Bereich bereits entwickelt und modellhafte Auswahlprozesse, Angebotsformen und Förderkonzepte in die Praxis umgesetzt. Um dieses Potenzial im Rahmen des bayerischen Systems der Begabtenförderung weiter auszubauen sowie auch dem weiteren Qualifizierungswunsch der Schulen nachzukommen, setzte „Karg Campus Schule Bayern“ auf verschiedenen Zielebenen an.

  • Ebene der Personalentwicklung: In jeder Schule wurde ein „Kompetenzteam“ vertieft weiterqualifiziert und weitere Teile des Kollegiums erhielten eine konzentrierte und praxisorientierte Qualifizierung. Für die Schulleitungen wurden spezifische Angebote zur Qualifizierung und Unterstützung in Schulentwicklungsprozessen in der Begabtenförderung vorgehalten.
  • Ebene der Schul- und Unterrichtsentwicklung: Das Schulprofil und die schulischen Angebote zur Begabtenförderung wurden weiterentwickelt, speziell in den Hochbegabtenklassen.
  • Ebene der Systementwicklung: Auf Basis eines kollegialen Austausches fand eine gemeinsame Schul- und Unterrichtsentwicklung statt und es wurde ein Konzept der Begabten- und Hochbegabtenförderung erstellt. Im Mittelpunkt stand die Qualifizierung der acht Kompetenzzentren für Begabtenförderung mit verschiedenen Angeboten, vor allem Information, Hospitation, Fortbildung und regionale Vernetzung mit weiteren Förderangeboten, der staatlichen Schulberatung und weiteren Schulen.

Für diese Projektziele wurden zielgruppenspezifisch jeweils eigene Weiterbildungsangebote konzipiert und durchgeführt (Auftaktveranstaltung, Intensivkurse, Prozessbegleitung vor Ort). Nach der Abschlussveranstaltung wurden – auf Basis der Erfahrungen – acht Kompetenzzentren gebildet.

Auswertung

Die Autorinnen und Autoren stellen fest, dass im Ergebnis klar konzeptionierte und pädagogisch orientierte Profile und Angebote in der Begabtenförderung an den Schulen entstanden sind – verbunden mit der Fähigkeit, diese nicht nur selbst zu beschreiben und umzusetzen, sondern auch anderen zu vermitteln. Die wissenschaftliche Auswertung zeige, dass das Weiterbildungsverständnis und die Angebote von Karg Campus als besonders gewinnbringend für die personenbezogene, pädagogisch orientierte Qualifizierung, die Schulentwicklung und die Impulse für die regionale Vernetzung betrachtet werden können.

1. Ebene der personenbezogenen Weiterbildung

Die teilnehmenden Lehrkräfte hätten ihre Kenntnisse in der Begabtenförderung nicht nur vertiefen, sondern vor dem Hintergrund der personenorientierten Begabtenförderung reflektieren und neu verorten können. Dadurch sei es aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer möglich gewesen, die bereits vorhandenen Kompetenzen und Praxismodelle unter einem verbindenden theoretischen Gerüst zu einem Ganzen zu verbinden. Dies habe die professionelle Handlungskompetenz gestärkt und erweitert. Als wichtig wurde auch die fachliche Kooperationskultur bewertet: Es sei ein intensiver und anregender, vor allem anhaltender fachlicher Diskurs entstanden. Das Selbstverständnis als Fachperson in der Begabtenförderung sei von der Auffassung getragen, dass gemeinsame Aufgaben stetig weiterentwickelt werden müssen.

2. Ebene der Schulen

Es sei deutlich geworden, dass durch die Qualifizierung die Profile und das Selbstverständnis der Schulen vertieft und gestärkt werden konnte. Davon habe unter anderem die Sichtbarkeit des Themas Hochbegabung nach innen und außen profitiert. Auch hier sei das verbindende theoretische Grundkonzept von wesentlicher Bedeutung gewesen: Die vermittelten Grundlagen und Ansätze hätten die Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler in das generelle Konzept der individuellen Förderung eingebettet, was die Akzeptanz des Themas befördert habe. Zudem erscheine Hochbegabtenförderung dadurch nicht als unverbundene und gänzlich zusätzliche Anforderung.

3. Ebene des Systems

Die neuen Kompetenzzentren für Begabtenförderung seien sehr schnell in ihren Regionen in Bayern wahr- und angenommen worden. Die eingerichteten Impulstage würden von Gymnasien der Regierungsbezirke fachlich stark nachgefragt und sehr positiv bewertet. Offenbar würden sie einen Bedarf vieler gymnasialer Kolleginnen und Kollegen auf der Suche nach Möglichkeiten reagieren, von ihnen erkannte Potenziale leistungsstarker und begabter Schülerinnen und Schüler besser zu fördern. Das Transferangebot nütze den Kolleginnen und Kollegen, ermögliche Orientierung und biete grundlegende Information im Thema „auf Augenhöhe“, von Lehrperson zu Lehrperson. Zudem nütze es den Schülerinnen und Schülern, deren Lehrkräfte sensibilisiert und mit neuen Perspektiven auf diese Kinder und Jugendlichen zugehen. Sie würden nicht nur das begabte Kind oder den begabten Jugendlichen sehen, sondern die ganze Person. Diese Wirkung auf Systemebene sei durch die Koordination über das Kultusministerium und die Ministerialbeauftragten in den Regierungsbezirken ermöglicht worden, die die regionalen Angebote und Akteure – der schulischen und außerschulischen Förderung und der Staatlichen Schulberatungsstellen – zu umfassenden und starken Unterstützungssystemen gebündelt haben.

Fazit

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die durch das Projekt angestoßenen Entwicklungen und Weiterentwicklungen das Angebot der Begabten- und Hochbegabtenförderung der gymnasialen Bildungslandschaft in Bayern langfristig prägen werden. Um eine lang anhaltende Wirkung zu unterstützen, sollten regelmäßige Nachqualifizierungen der Teams und neuer Teammitglieder sowie jährliche Netzwerktagungen für Teams und Schulleitungen in der ALP durchgeführt werden. Dies seien wichtige Gelingensfaktoren für Karg Campus und für ein nachhaltiges und wirksames Qualifizierungsprojekt auch der Bund-Länder-Förderinitiative.

Ein wesentlicher Gelingensfaktor sei auch das Zusammenspiel und Engagement aller Beteiligten im Projekt. Die Kooperationskultur zwischen den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen und innerhalb der regionalen Netzwerke sei zwar ein „weicher“ Faktor, aber in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen. Das Projekt werde letztlich von Personen getragen. Die Kooperationspartner aus der PH Karlsruhe und von eVOCATIOn hätten diese dialogische Grundhaltung und einen Austausch auf Augenhöhe in das Projekt eingebracht und vertreten.

Selbstverständlich bedürfe es gleichermaßen der „harten“ Faktoren: Ohne angemessene Rahmenbedingungen, ein solides Konzeptgerüst und dessen fachpraktische Ausgestaltung und fachwissenschaftliche Absicherung könne ein gutes Zusammenwirken der Beteiligten alleine nicht zum Erfolg führen. Das Kultusministerium habe diese Rahmenbedingungen bereitgestellt und dabei die Anregungen und Bedarfe der Schulen stets im Blick behalten. Eine angemessene Ressourcenausstattung für die erfolgreiche Teilnahme am Projekt selbst wie für die Aufgaben der Kompetenzzentren auch nach Projektende solle sicherstellen, dass die von allen unternommenen Anstrengungen weiterhin Wirkung entfalten können.