Handreichung

Die Schule gesund machen!

Thema

Gesunde Schule

Herausgeberschaft

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

Autoren/Autorinnen

Oggi Enderlein/Nicole Schattat/Marion Welsch

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2008

Stiftungsengagement

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

Literaturangabe

Oggi Enderlein/Nicole Schattat/Marion Welsch: Die Schule gesund machen! Eine Einladung zum Umdenken. Mit einer Liste wichtiger Programme, Preise und Projekte. Themenheft 11. Hrsg. v. Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. Berlin 2008.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Es gibt bereits vielfältige Programme, Projekte und Aktivitäten im Themenfeld „Gesundheit in der Schule“ und „Gesunde Schule“, die von Bund, Ländern und Kommunen, aber auch von privaten Initiativen und Stiftungen gefördert werden. Offenbar habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Gesundheit eine Schulaufgabe ist, so die Autorinnen. Die meisten Initiativen und Programme seien wichtig, doch zielten sie schwerpunktmäßig darauf ab, Kinder und Jugendliche über Gesundheit zu informieren oder zu gesundheitsbewusstem Verhalten zu erziehen. Im Wesentlichen ginge es darum, möglichst früh das Verhalten von Mädchen und Jungen zu beeinflussen, um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen, und es werde vorwiegend die körperliche Gesundheit betrachtet, also Prävention im medizinischen Sinn.

Wenig beachtet werde, welche gesundheitsbeeinträchtigenden oder schädlichen Auswirkungen das System Schule habe, zum Beispiel indem Kinder zu stundenlangem Sitzen gezwungen werden, die Luft und die Akustik in den Räumen gesundheitsbelastend ist oder systematisch gegen den Biorhythmus verstoßen wird. Inzwischen geben einige Studien Hinweise auf diese Zusammenhänge, zum Beispiel die KiGGS-Studie, die HBSC-Gesundheitsstudien der WHO, das LBS-Kinderbarometer, das Kinderpanel des DJI oder die World Vision Kinderstudie. In diesen Studien werden Kinder und Jugendliche selbst befragt und es wird weniger von „Gesundheit“, als vielmehr vom „Wohlbefinden“ der Befragten gesprochen.

In der Broschüre wird der Blick auf die psychische und soziale Gesundheit der Schülerinnen und Schüler gelenkt. Damit werden die Belange und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt gestellt. Die Analysen stützen sich zum einen auf Forschungsergebnisse, zum anderen auf praktische Konzepte und Erfahrungen von Lehrkräften, pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern.

Im Rahmen des Programms „Ideen für mehr! Ganztägig lernen.“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung konnten die Autorinnen viele verschiedene Schulen in Deutschland kennenlernen. In der Broschüre werden fünf Schulen exemplarisch vorgestellt, denen es gelingt, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Mädchen und Jungen wohlfühlen.

Wichtige Ergebnisse

Ein wesentliches Ergebnis ist, dass Schule in erheblichem Maß die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen beeinflusst. Viele Studien weisen darauf hin, dass das allgemeine Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern und besonders ihr Wohlbefinden in der Schule stark mit dem Stil des Unterrichts, mit den Umgangsformen der Lehrenden und mit dem Ausmaß der Partizipations- und Einflussmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in der Schule zusammenhängt.

Eine wichtige Rolle spielt auch die soziale Benachteiligung: Das subjektive Wohlbefinden als auch die objektive Gesundheit der Schülerinnen und Schüler ist schlechter, wenn Eltern sozial belastet und finanziell schwächer gestellt sind. Aber auch bei Kindern aus Familien, in denen auf gute Bildung besonderer Wert gelegt wird, zeigen sich psychische und gesundheitliche Probleme.

Wie kann Schule die gesunde Entwicklung der Kinder fördern? Als wichtige Aspekte werden benannt:

  • Partizpationsmöglichkeiten für Kinder und Eltern: Dadurch fühlen sich die Schülerinnen und Schüler in der Schule „gefragt“ und wertgeschätzt, von den Lehrkräften ernst genommen und gefördert; die Eltern werden beteiligt statt „belehrt“. In diesem Klima gehe es auch den Lehrerinnen und Lehrern viel besser.
  • Eigenes Gestalten und kreatives Tun der Schülerinnen und Schüler im Schulalltag, zum Beispiel durch Malen, Tanzen, Musizieren: Dadurch werden Glücksgefühle und Erfahrungen der „Selbstwirksamkeit“ ermöglicht, die auch den Lerneffekt steigern können.
  • Körperliche Bewegung im Schulalltag (keine Reduktion auf „Sport treiben“), zum Beispiel durch Bewegungsphasen im Unterricht, alterstypische Bewegungsspiele, Bewegungs-AGs: Dies wirkt ausgleichend auf das emotionale Gleichgewicht, bietet Entspannung, fördert Risikokompetenz und dadurch Selbstvertrauen.
  • Anregendes und erholsames Schulgelände, zum Beispiel durch bewegungs- und lernfördernde Klassenzimmer, Schulgebäude und Schulhofgestaltung.

Erkenntnisse aus den Praxisbeispielen:

Eine weitere wesentliche Erkenntnis der Autorinnen ist, dass es gelingen kann, Schule „gesünder“ zu gestalten – auch in schwierigen Ausgangssituationen und unabhängig von Schultyp und Bundesland. In der Schule wird das allgemeine Schulklima als wichtigster Gesundheitsfaktor identifiziert. Es beeinflusse nicht nur das Wohlbefinden und die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler, sondern auch der Lehrkräfte und aller anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule. Das Schulklima sei auch stark von der Haltung der Lehrenden abhängig, die letztlich dafür verantwortlich seien, dass sich Mädchen und Jungen in ihrer Schule wohlfühlen und sich nicht nur geistig, sondern auch körperlich, seelisch und sozial gesund weiterentwickeln können. Die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler sei eine zentrale Schulaufgabe für die Lehrenden.

Deutlich werde: Wenn die alterstypischen Bedürfnisse und Nöte der Jungen und Mädchen einbezogen werden, müsse das Thema „Gesundheit in der Schule“ erheblich weiter gefasst werden als in Konzepten körperlicher Gesundheit, insbesondere wenn sich Kinder und Jugendliche im Ganztag auch noch am Nachmittag in der Schule aufhalten. Es wäre nicht nur im Interesse der jungen Menschen, sondern auf lange Sicht gesehen auch im Interesse der Sozialsysteme, wenn in den Qualitätsstandards von Schulen die Belange der Kinder und Jugendlichen einen deutlich höheren Stellenwert bekämen. Die Folgen von Entwicklungsdefiziten im Kindes- und Jugendalter wirkten bis ins Erwachsenenalter hinein und erzeugten neben dem individuellen Leid auch erhebliche öffentliche Kosten.