Expertise

Die Zukunft des Lernens

Thema

Kompetenzerwerb durch selbstorganisiertes Lernen

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung

Autoren/Autorinnen

Werner Sauter

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2018

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Die Zukunft des Lernens: Selbstorganisierter Kompetenzerwerb durch personalisiertes Lernen. Gütersloh 2018.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Ausgangsthese ist, dass Kompetenzen – neben Wissen – eine zunehmend wichtigere Rolle in modernen Gesellschaften spielen: In komplexen, dynamischen und oft schwer überschaubaren Situationen reiche Wissen häufig nicht aus, sondern es seien Kompetenzen erforderlich, um effektiv und kreativ handeln zu können. Diesen veränderten Rahmenbedingungen müssten die Bildungsangebote gerecht werden und Menschen ermöglichen, ihre Kompetenzen im Laufe ihres Lebens kontinuierlich selbstorganisiert und personalisiert auf- und auszubauen.

In der Publikation wird erklärt, warum Kompetenzen gebraucht werden, was Kompetenzen sind und wie man sie erwerben kann. Darauf aufbauend wird erläutert, wie selbstorganisierte und personalisierte Kompetenzentwicklung in realen Herausforderungen und im Internet erreicht werden kann. Betrachtet wird dabei das Lernen im Alltag und am Arbeitsplatz. Ein Fokus liegt auf den Möglichkeiten, die die Digitalisierung für die Kompetenzentwicklung eröffnet.

Verfasst wurde die Handreichung von Prof. Dr. Werner Sauter, der Unternehmen und Bildungsanbieter bei der Konzipierung, Umsetzung und Implementierung kompetenzorientierter Lernsysteme berät.

Wichtige Ergebnisse

Nach Ansicht des Autors sind Lernprozesse in die gesamte moderne Lebens- und Arbeitswelt eingebettet. Diese sei unter anderem durch agile Arbeitsprozesse, Offenheit und eine zunehmende Eigenverantwortung und Selbstorganisation gekennzeichnet. Hinzu kämen eine steigende Heterogenität der Lernenden und eine Pluralisierung der Lebenswelten. Auch die Auswirkungen der Digitalisierung gehörten dazu, die fast überall zum Treiber der technologischen Entwicklung geworden sei und zu schnellen gesellschaftlichen Veränderungen führe. Diese seien mit klassischem Lernen und Wissenserwerb nicht mehr zu beherrschen. Die moderne Informationstechnologie liefere aber auch erst die entsprechenden Lernmöglichkeiten, um kompetenzorientiertes Lernen am Arbeitsplatz mit E-Learning, Blended Learning und Social Learning zu verbinden. Vor diesem Hintergrund müssten auch die Menschen deutlich agiler werden: Notwendig seien Kompetenzen zum autonomen Handeln bei hoher Entscheidungsfreiheit sowie Kompetenzen zur kollaborativen Lösung von Herausforderungen, also der gemeinsamen Bewältigung realer Problemstellungen mit Lernpartnerinnen und -partnern – auch im Internet. Unverzichtbar sei zudem selbstorganisiertes und zielführendes Handeln mit digitalen Technologien. Vor diesem Hintergrund müsse sich das Lernen verändern.

Ein geeigneter Ermöglichungsrahmen für lebenslanges und zukunftsorientiertes Lernen sollte

  • der Individualität und Eigenverantwortung der Lernenden Rechnung tragen, damit sie ihre personalisierten Lernprozesse selbstorganisiert planen und umsetzen können,
  • dem demografischen Wandel und der damit einhergehenden Heterogenität der Lernenden gerecht werden, indem vorhandene Lehr- und Lernkonzepte, Lernmaterialien, aber auch die Rolle der Lehrenden vom Lernenden her neu gedacht werden,
  • auf die Unterschiedlichkeit der Lebenswelten und die Vielfalt interkultureller Herausforderungen eingehen, damit Lernen dort stattfinden kann, wo reale Herausforderungen zu bewältigen sind; diese sollten dann auch bearbeitet werden, damit die Kommunikation und das kollaborative Arbeiten und Lernen zwischen Menschen befördert wird,
  • den technologischen Wandel aktiv aufgreifen, indem die Lernwelt als Spiegelbild der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt mit dem Ziel der effizienten Kompetenzentwicklung gestaltet wird.

Fazit

Der Autor betont, dass der digitale Wandel große Veränderungen für die betriebliche Arbeits- und Lernwelt mit sich bringt: 2015 gingen nur 20 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Wirtschaft auf digitale Geschäftsmodelle zurück, 2020 könnten es nach Prognosen schon 80 Prozent sein. Daraus würden sich tiefgreifende Konsequenzen für die betriebliche Bildung, aber auch für den gesamten Bildungsbereich ergeben. Um die Lernenden auf die zukünftigen Herausforderungen in Arbeits- und Berufswelt angemessen vorzubereiten, müssten Lernformen, Sozialformen, Kommunikationsmöglichkeiten und Medien dem aktuellen Umfeld entsprechen und im besten Fall sogar die Zukunft in diesem Bereich vorwegnehmen.

  • Bildungsziel müsse es sein, die Fähigkeiten zum kreativen, physischen und geistigen Handeln, zur selbstorganisierten Bewältigung von Herausforderungen zu entwickeln.
  • Die didaktische Gestaltung des Lernens werde immer wichtiger. Dabei sollte die Entwicklung weg von einer Belehrungsdidaktik hin zu einer Ermöglichungsdidaktik gehen, die selbstorganisiertes Lernen in allen Bildungsbereichen ermöglicht. Wissensaufbau und Kompetenzentwicklung würden zunehmend in die Eigenverantwortung der Lernenden übertragen.
  • Bereits heute sei das Internet ein wichtiger sozialer Raum, dessen Bedeutung für die Kompetenzentwicklung immer wichtiger werde. Das Lernen der Zukunft werde vor allem selbstorganisierte Kompetenzentwicklung sein und in und mit dem Internet stattfinden.
  • Bildungsinstitutionen würden sich zunehmend darauf konzentrieren, einen geeigneten Ermöglichungsrahmen für Bildungsprozesse und Lernbegleitung zu schaffen. Die Macht, wie Bildungsprozesse ausgestaltet werden, gehöre alleine den Lernenden und den Lernbegleitenden.
  • Die Lernleistungen würden zunehmend anhand der Ergebnisse im Arbeitsprozess oder in den Projekten eingeschätzt. Somit werde also nicht mehr bewertet, wieviel Fachwissen jemand auswendig abrufen kann, sondern wie groß seine Fähigkeiten sind, Wissen problemlösend in realen Herausforderungen anzuwenden.

Nach Ansicht des Autors sind innovative Wege des Lernens mit dem Ziel der Kompetenzentwicklung sowohl für die Gesellschaft als auch für den Einzelnen unverzichtbar. Ein Zugewinn an Bildung – verstanden als Zugewinn an Kompetenzen – bedeute letztlich, dass die Individuen ihre Handlungsfähigkeit erweitern und ihre Teilhabechancen am Leben verbessern können. Kompetenzentwicklung im Arbeitsprozess und im Internet sei daher die Bildung der Zukunft.