Handlungsempfehlungen

Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung

Thema

Übergang zwischen beruflicher und akademischer Bildung

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2015

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung. Politische Forderungen der Initiative „Chance Ausbildung“. Gütersloh 2015.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Hintergrund ist, dass sich die berufliche und akademische Bildung im Umbruch befindet: Die Studienanfängerquote steigt, während die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sinkt. Gleichzeitig erhöht sich die Nachfrage nach einem höherem Praxisbezug im Studium und die Versäulung zwischen akademischer und beruflicher Bildung löst sich immer mehr auf (große Nachfrage nach einem dualen Studium). Angesichts dieser Entwicklung erscheint es wichtig, flexible Übergänge zwischen beruflichen und akademischen Bildungsinstitutionen zu ermöglichen. Davon würden sowohl die jungen Menschen als auch der Arbeitsmarkt profitieren.

Die Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“, bestehend aus elf Ministerien aus acht deutschen Bundesländern, der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung, hat ein Positionspapier zum Thema „Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung“ verfasst. Beleuchtet werden die Herausforderungen und Ziele, darüber hinaus werden konkrete bildungspolitische Handlungsvorschläge gemacht. Eine neue Gestaltung der Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung soll dem Ziel dienen, das Bildungssystem chancengerechter und leistungsfähiger zu gestalten.

Wichtige Ergebnisse

Festgestellt wird, dass eine Reihe bildungspolitisch-praktischer Reformen notwendig ist. Es bestehe die Herausforderung, den sich überschneidenden Bereich zwischen Hochschule und Berufsbildung gezielt zu gestalten. Die Schnittstelle zwischen den Bildungssektoren müsse sorgsam miteinander verzahnt werden, damit sich anspruchsvolle Berufsausbildungen mit beruflich orientierten Studiengängen verknüpfen lassen – in curricularer, zeitlicher und institutioneller Hinsicht.

Die Übergänge zwischen Berufs- und Hochschulbildung sollten geöffnet werden, was auch bildungsfernen Gruppen Wege in Beruf und Beschäftigung erleichtern würde. Bildungsangebote im Überschneidungsbereich müssten verzahnt werden (verknüpfte Bildungsgänge, übergreifende Laufbahnkonzepte). Zudem sollten erfahrungsbasierte Entscheidungen bei der Bildungs- und Berufswahl ermöglicht werden, um die Gefahr von Fehlentscheidungen und Ausbildungs- und Studienabbrüchen zu reduzieren.

Vorschläge für eine bessere Verzahnung von Berufs- und Hochschulbildung:

  • In allen Schularten sollte eine integrierte Studien- und Berufsorientierung bzw. -beratung umgesetzt werden.
  • Neue Modelle einer Verzahnung von Berufsausbildung und Studium müssten entwickelt und erprobt werden.
  • Die Möglichkeit zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung während der Berufsausbildung sollte verbessert werden.
  • Beruflich qualifizierte Menschen müssten beim Übergang in Richtung Studium und Hochschule besser unterstützt werden.
  • Berufsbildungs- und Hochschulpolitik sollten stärker kooperieren.

Eine besser verzahnte Berufs- und Hochschulbildung bietet nach Ansicht der Initiative neue Möglichkeiten für alle Akteure:

Jugendliche könnten dadurch ein Kompetenzprofil aufbauen, in dem sich Wissenschaft und Praxis in neuer Form verbinden: Entsprechende Berufsabschlüsse bilden die Grundlage für gute Karrierechancen und gut bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten. Zudem könnten dadurch individuelle Bildungsentscheidungen revidiert werden, ohne dass dabei Lernleistungen verloren gehen oder dies als Abbruch gilt.

Für die Unternehmen bestehe zum Beispiel die Möglichkeit, dadurch leistungsfähige Schulabsolventinnen und -absolventen für die duale Ausbildung zu gewinnen. Neben der Fachkräfterekrutierung und -bindung könnten interessante Alternativen zur Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne Hochschulabschluss und ohne Ausbildung entstehen. Eine studienintegrierende Ausbildung erlaube eine anspruchsvolle Beschäftigung in Bereichen, in denen sowohl theoretisches Verständnis als auch berufliche Erfahrungen gefordert werden. Integrierende Ausbildungsmodelle könnten zudem auch die Personalgewinnung und -bindung in Betrieben und Branchen fördern, die auf dem Arbeitsmarkt keine hohe Attraktivität genießen.

Eine Beteiligung von Hochschulen an integrierenden Ausbildungsmodellen könnte zum Beispiel der Ausgangspunkt für neue Praxis- und Forschungsprojekte sein. Andere Hochschulen könnten das Engagement auch als Beleg für ihre Innovationsfähigkeit oder ihr gesellschaftliches Engagement nutzen. In Zeiten des demografischen Wandels sei die Mitwirkung an entsprechenden Ausbildungsmodellen letztlich auch ein Schritt zur Sicherung von leistungsfähigen Studierenden.

Die Angebote der beruflichen Bildung würden dadurch aufgewertet, was unter anderem der Gefahr entgegenwirkt, dass berufliche Bildung im Rahmen einer zunehmenden Akademisierung zukünftig nur noch für einfache Berufe zuständig ist. Das gelte insbesondere für berufliche Schulen, die für die integrierte Ausbildung wesentliche Aufgaben übernehmen.