Studie

Engagiert aber allein. Wie sich junge Menschen durch die Online-Welt navigieren und welche Unterstützung sie dafür suchen

Thema

Digitale Kompetenzen junger Menschen

Herausgeberschaft

Vodafone Stiftung Deutschland

Erscheinungsort

Düsseldorf

Erscheinungsjahr

2018

Stiftungsengagement

Vodafone Stiftung Deutschland

Literaturangabe

Vodafone Stiftung Deutschland (Hrsg.): Engagiert aber allein. Wie sich junge Menschen durch die Online-Welt navigieren und welche Unterstützung sie dafür suchen. Düsseldorf 2018.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Ausgangspunkt ist, dass angesichts neuer politischer Entwicklungen, wie zum Beispiel dem Brexit, der Flüchtlingspolitik in Deutschland oder den öffentlichen Auseinandersetzungen um die Politik Trumps, es für die Einzelnen immer schwieriger wird, die Verlässlichkeit von Informationen im Internet und vor allem in sozialen Medien zu beurteilen. Dies gelte insbesondere für junge Menschen, zu deren Alltag soziale Medien und Online-Medien gehören. Daraus ergeben sich wichtige Fragen: Wie souverän und kritisch bewegen sich junge Menschen in dieser Online-Welt, welche Herausforderungen sehen sie in Bezug auf Desinformation und Hassrede im Netz und wohin wenden sie sich bei Fragen?

Für die vorliegende Studie hat die Vodafone Stiftung 664 junge Menschen in Deutschland im Alter von 14 bis 24 Jahren in einer repräsentativen Umfrage zu diesem Thema befragt. Die Online-Befragung wurde im YouGov Deutschland Panel zwischen dem 20. und 24. August 2018 durchgeführt.

Um junge Menschen im Umgang mit Falschinformationen und Hassrede im Internet zu unterstützen, hat die Vodafone Stiftung 2018 gemeinsam mit Partnern die Initiative Klickwinkel unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten gestartet. Kooperationspartner sind die HAW Hamburg, Teach First Deutschland und Zeit für die Schule. Mit Video-Tutorials, Unterrichtsmaterialien und einem Video-Wettbewerb will die Initiative die Medieninformationskompetenz Jugendlicher stärken,

damit sie als mündige Bürgerinnen und Bürger an einer digitalen Öffentlichkeit teilhaben können. Darüber hinaus hat die Vodafone Stiftung die Digitale Jugendpressekonferenz eingerichtet, die jungen Menschen bundesweit die Möglichkeit gibt, Politikerinnen und Politikern Fragen rund um das Thema digitale Kommunikation zu stellen.

Wichtige Ergebnisse

Ergebnisse der Befragung

1. Deutlich wird, dass soziale Medien zum Alltag der überwiegenden Mehrheit junger Menschen in Deutschland gehören, vor allem WhatsApp, Instagram, YouTube & Co. Nur 7 Prozent der 14- bis 24-Jährigen hat bei der Befragung angegeben, nicht in sozialen Medien aktiv zu sein. Die meisten nutzen soziale Medien, um sich mit Freunden und Freundinnen sowie Familie auszutauschen, Prominenten zu folgen, sich zum aktuellen Geschehen zu informieren und ihre Freizeit zu gestalten.

2. Die meisten der befragten jungen Menschen zeigen sich souverän und selbstbewusst im Umgang mit sozialen Medien. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (83 Prozent) gibt an, sich vorher ihre Posts genau zu überlegen. Knapp die Hälfte (47 Prozent) berichtet, aktiv gegen Falschnachrichten oder Hasskommentare vorzugehen, die über ihre Freunde und Freundinnen in den sozialen Medien verbreitet werden. Die meisten (58 Prozent) fühlen sich auch gewappnet, wenn Beleidigendes oder Falsches über sie selbst im Netz zirkuliert. Für Dreiviertel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist Mobbing in den sozialen Medien (eher) kein Thema. Immerhin ein knappes Drittel fühlt sich aber bei persönlichen Angriffen hilflos und etwa ein Fünftel hat Sorge, wegen Social Media Posts gemobbt zu werden.

3. Junge Menschen sind regelmäßig mit Fake News und Hate Speech konfrontiert: Etwa die Hälfte der befragten 14- bis 24-Jährigen berichtete, mindestens einmal in der Woche in den sozialen Medien auf Falschnachrichten zu stoßen; fast ein Fünftel sogar täglich. Die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) war der Ansicht, Falschnachrichten erkennen zu können. Etwa ein Drittel (32 Prozent) zeigte sich allerdings bei der Identifizierung unsicher. Im Geschlechtervergleich wird deutlich, dass vor allem männliche Befragte davon überzeugt sind, Fake News erkennen zu können. Die wenigsten Mädchen (7 Prozent) trauen sich zu, Falschnachrichten sehr sicher identifizieren zu können.

4. In der Schule wird der Umgang mit Falschnachrichten und Hasskommentare offenbar kaum thematisiert. Das berichten zwei Drittel der Jugendlichen, die noch zur Schule gehen (66 Prozent). Fast die Hälfte (46 Prozent) gibt zudem an, dass Hasskommentare noch kein Thema im Unterricht waren. Dabei wünschen sich drei Viertel der Schülerinnen und Schüler (75 Prozent) mehr Aufklärung zu Fake News und zwei Drittel (65 Prozent) mehr Informationen zu Hasskommentaren im Unterricht. Derzeit informieren sich die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Fragen zu sozialen Medien allein im Netz, jeder Achte wendet sich mit seinen Fragen auch an die Betreiber sozialer Medien. Mehr männliche Befragte (52 Prozent) geben an, selbstständig nach Antworten zu suchen (vs. 43 Prozent weiblich). Mädchen kontaktieren dazu häufiger auch ihre Freunde und Freundinnen (39 Prozent weiblich; 25 Prozent männlich). Nur jeder Zehnte geht mit Fragen zu sozialen Medien auf seine Eltern zu.

5. Zwei Drittel der jungen Menschen in Deutschland sind der Ansicht, dass die Verbreitung von Falschnachrichten den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland gefährdet. Etwa ein Viertel (26 Prozent) glaubt sogar, dass dies in jedem Fall so ist. Befragte mit höherem Bildungsabschluss (69 Prozent) sind im Vergleich zu ihren Altersgenossen mit niedrigerem Bildungsabschluss (54 Prozent) besorgter über die spaltenden Folgen von Falschnachrichten.

6. Jugendliche betrachten den Kampf gegen Desinformation als gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehen dabei zuerst die Betreiber von Social Media Plattformen in der Pflicht, aktiv gegen Fake News vorzugehen (58 Prozent). Fast die Hälfte (46 Prozent) finden, die Medien müssen hier aktiv werden; ein Drittel (33 Prozent) möchte, dass die Bunderegierung handelt. 45 Prozent sind aber auch der Meinung, dass sie selbst, also die Bürgerinnen und Bürger verpflichtet sind, Falschnachrichten zu bekämpfen.

7. Viele junge Menschen engagieren sich gegen Verleumdung und Hass im Netz. Knapp die Hälfte geht aktiv gegen Falschnachrichten vor, die über ihre Freunde in den sozialen Medien verbreitet werden. Immerhin ein Viertel hat schon einmal Fake News bei den Betreibern sozialer Medien gemeldet. Etwa ein Drittel der männlichen Befragten (30 Prozent) gibt an, schon einmal selbstständig aktiv geworden zu sein, von den Mädchen und jungen Frauen sagt das etwa ein Fünftel (22 Prozent). Gegen Hasskommentare gehen sowohl männliche wie weibliche Befragte noch

engagierter vor: Hier hat sogar schon jeder Zweite (51 Prozent) Posts bei den Betreibern sozialer Plattformen gemeldet. Dabei werden Hasskommentare deutlich öfter von Jüngeren angezeigt (18-24-Jährige: 46 Prozent vs. 14-15-Jährige: 59 Prozent). Auch hier werden junge Menschen aber oft allein gelassen: Mehr als die Hälfte dieser Beschwerden blieb erfolglos oder wurde erst spät bearbeitet. Fast die Hälfte der

Befragten (46 Prozent), die bisher noch nicht gegen Falschnachrichten oder Hasskommentare aktiv geworden ist, geben als Grund an, bisher kein Bedürfnis dazu verspürt zu haben. Immerhin jeder Fünfte (21 Prozent) ist jedoch überzeugt, dass die Meldung solcher Posts ohnehin nichts bringt.

8. Fast die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (44 Prozent) nutzt soziale Medien unter anderem, um das aktuelle Geschehen in Deutschland und der Welt zu verfolgen. Neuigkeiten zu gesellschaftspolitischen Themen in Deutschland erfahren männliche Befragte mit Abstand am häufigsten über Online-Medien. Fernsehen, soziale Medien, Zeitungen und Radio spielen eine untergeordnete Rolle. Für Mädchen und junge Frauen sind Online Medien, soziale Medien und das Fernsehen gleichbedeutend wichtige Quellen für aktuelle gesellschaftspolitische Nachrichten. Befragte mit höherem Bildungsabschluss nutzen vorwiegend Online-Medien, um sich über Nachrichten zu informieren, diejenigen mit niedrigerem Bildungsabschluss bevorzugen soziale Medien und das Fernsehen als Nachrichtenquelle vor Online-Medien. Nicht einmal jeder Dritte (29 Prozent) der Befragten hält Informationen und Nachrichten, die er über soziale Medien erhält, allerdings für ausgewogen.

9. Junge Menschen sehen soziale Medien als Chance für einen Dialog mit der Politik. Immerhin ein Viertel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (26 Prozent) folgt Politikerinnen und Politikern in den sozialen Medien. Fast 40 Prozent der Befragten fühlt sich zudem durch Politikerinnen und Politiker, die in den sozialen Medien aktiv sind, motiviert, sich über politische Themen zu informieren. Mehr als jeder Dritte (35 Prozent) kann sich vorstellen, Politikerinnen und Politiker bei Fragen über soziale Medien direkt anzusprechen. Deutlich mehr männliche Befragte geben an, politische Entscheidungsträger über soziale Medien in den Blick zu nehmen. Das politische Interesse der Befragten steigt geschlechterübergreifend mit dem Alter.