Handreichung

EU und Kommunen

Thema

Politische Bildung in der Kommune

Herausgeberschaft

Rosa-Luxemburg-Stiftung

Autoren/Autorinnen

Björn Reichel/Christian Richter/Sebastian Wormsbächer

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2017

Stiftungsengagement

Rosa-Luxemburg-Stiftung

Literaturangabe

EU und Kommunen. Workshoparbeit für die Bildungsarbeit in der Kommune (= Bildungsmaterialien Nr. 5, hrsg. v. Rosa-Luxemburg-Stiftung). Berlin 2017.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Hintergrund ist, dass die Europäische Union (EU) in der Kommune eine zunehmend große Rolle spielt: Sie nimmt direkt oder indirekt Einfluss auf die kommunale Selbstverwaltung und verändert durch ihre Reglements, Rechtsvorschriften und Initiativen kommunalpolitisches Handeln von Grund auf. Die Autoren weisen darauf hin, dass davon nicht nur das Verwaltungshandeln betroffen sei, sondern auch die Prozesse der politischen Willensbildung vor Ort dadurch verändert werden. Zwar habe sich das Gestalten politischer Vorhaben in den Kreisen und Gemeinden vor Ort schon immer von anderen Ebenen der politischen Willensbildung unterschieden. Doch im Zusammenspiel mit der EU-Politik sei der kommunalpolitische Handlungsrahmen für Mandatsträgerinnen und -träger, Expertinnen und Experten, kommunalpolitische Akteure und Interessierte zunehmend unsicher geworden.

Eine zusätzliche Verunsicherung stelle in diesem Zusammenhang der Auftrieb populistischer EU-skeptischer Akteure dar. Ihre Kritik an der EU setze dabei zwar an unterschiedlichen Punkten an, im Vordergrund stehe aber, die EU für alle möglichen Probleme in der Kommune und darüber hinaus verantwortlich zu machen. Auch wenn die EU für manche dieser Entwicklungen eine Mitverantwortung trage, sei diese Form des EU-Skeptizismus, die allein auf Abschottung und Ausgrenzung setzt, hochgradig destruktiv. Linkes kommunalpolitisches Handeln sollte diesem „Skeptizismus“ entgegentreten und entschieden an einer progressiven, dezidiert linken europäischen Perspektive festhalten, um nicht nur die Probleme, sondern auch die Möglichkeiten kommunaler Politik im Rahmen der EU zu erkennen und zu nutzen.

Das vorliegende Bildungsmaterial soll dafür einen Grundstein legen und einen einfachen und übersichtlichen Zugang zum Thema „EU“ und „EU-Skeptizismus“ aus kommunalpolitischer Perspektive bieten. In der Publikation wird über die engen Verschränkungen zwischen der EU und den Kommunen informiert und es werden Handlungs- und Gestaltungsoptionen diskutiert, insbesondere im Hinblick auf EU-skeptische Einstellungen. Anhand von Praxisbeispielen wird gezeigt, wie dieses Wissen für die konkrete Arbeit vor Ort genutzt werden kann.

Im Workshop sollen unter anderem folgende Kompetenzen vermittelt werden:

  • Informationskompetenz: Sensibilisierung und belastbares Wissen zum Thema EU und EU-Skeptizismus
  • Übertragungskompetenz: Anwendungswissen und Bezug zu eigenen Themen und Erfahrungen
  • Sozialkompetenz: selbstgesteuertes Lernen, Einschätzen und Anwenden geeigneter Reaktions- und Argumentationsmuster gegenüber EU-skeptischen Statements durch Übungen
  • Vernetzungskompetenz: Erfahrungsaustausch und Vernetzung

Der Workshop richtet sich an Menschen, die sich in der Kommunalpolitik

engagieren und Interesse und Bedarf an Informationen zu den Themen „EU und Kommune“ haben. Ziel des Workshops ist es, ein niedrigschwelliges Einstiegsangebot anzubieten und einen Beitrag dazu zu leisten, dass „linke Politik vor Ort“ gestaltet werden kann.

Wichtige Ergebnisse

Definitionen

EU-Skeptizismus: ablehnende Haltung gegenüber dem Prozess der Europäisierung, den Zielen der EU oder dem konkreten politischen System der EU. Der Begriff sei unscharf und sehr allgemein. Er bewege sich zwischen fundamentaler Kritik am europäischen Einigungsprozess bzw. an der EU (im Gegensatz zum Nationalstaat) auf der einen Seite und Kritik an einzelnen politischen Aspekten der EU auf der anderen Seite. EU-Skeptizismus und Europa-Skeptizismus seien nicht gleichzusetzen: EU-Skeptizismus richte sich gegen die konkrete Form des europäischen Einigungsprozesses, das heißt die EU in ihrer jetzigen Form, während sich Europa-Skeptizismus grundsätzlich auf den Einigungsprozess in Europa beziehe.

Populismus: (von lateinisch populus „Volk“) zeichne sich aus durch eine Berufung auf den Common Sense, Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung, Polarisierung und Personalisierung der Politik. Der Begriff sei schillernd und schwer zu definieren, die Bedeutung variiere je nach Kontext. Er finde sowohl im rechten als auch im linken politischen Lager Verwendung. Auf Europa bezogen könne (vereinfacht) gesagt werden, dass einigen Populistinnen und Populisten die europäische Einigung schon viel zu weit geht (insbesondere der EU-Skeptizismus von rechts kritisiert die Ziele der europäischen Einigung und lehnt sich oft an die Vorstellung souveräner Nationalstaatskonzepte an), während andere ein Mehr an Integration fordern (etwa in Form eines Europäischen Bundesstaates) und die konkrete Form und Politik der EU als unzureichend kritisieren (diese Kritik wird oft von linker Seite an die EU herangetragen).

Wichtige Aspekte des Workshopkonzepts

Reflexionsfragen an Teamerinnen und Teamer:

  • Welche politische Haltung habe ich zum Thema EU und zu EU-Skeptizismus, welche eigenen Ansichten könnten den Workshop beeinflussen? Wie viel bringe ich davon ein? Wie und wo müsste ich mich zurückhalten?
  • Welche Rolle habe ich als durchführende Person? Bin ich Teamer bzw. Teamerin, Akteurin bzw. Akteur vor Ort? In welcher Rolle trete ich im Workshop auf? Wie gelingt es mir, meine Rolle gegenüber den Teilnehmenden transparent zu gestalten?
  • Welcher Veranstaltungsort ist geeignet, um zu gewährleisten, dass Interessierte nicht von der Teilnahme ausgeschlossen werden? Ist der Ort barrierefrei? Wenn nicht: Wie kann man Alternativen schaffen oder dies vorab in der Ankündigung transparent machen?

Neben den möglichen eigenen Praxiserfahrungen und bereits vorhandenem Wissen zum Thema sollten sich Teamerinnen und Teamer anhand von Materialien, die in Teilen auch als Texte in den Arbeitsgruppen gelesen werden, inhaltlich vorbereiten.

Zu Beginn des Workshops:

  • Wortwahl reflektieren und bewusst machen (politisch belegte Begriffe, rassistische Begriffe etc.)
  • Workshopteilnehmende ermutigen (vertrauensvolle, konstruktive und respektvolle Begegnungen befördern)

Während des Workshops:

  • Notizen zu Kooperationsideen und konkreten Handlungsansätzen festhalten
  • „Themenspeicher“ mit wichtigen und kontroversen Themen anlegen
  • ev. Arbeitsaufträge vergeben (Recherche der Teilnehmenden nach dem Workshop)
  • Wissen der Teilnehmenden als Ressource nutzen
  • Liste mit Kontaktdaten der Teilnehmenden erstellen

Das gesamte Workshopkonzept (inklusive Materialliste, Literaturempfehlungen und Arbeitsblätter-Vorlagen) wird zur Verfügung gestellt.