Studie

Frühe mathematische Bildung

Thema

Mathematische Bildung im Elementar- und Primarbereich

Herausgeberschaft

Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Autoren/Autorinnen

Christiane Benz/Meike Grüßing/Jens Holger Lorenz/Kristina Reiss/Christoph Selter/Bernd Wollring

Erscheinungsort

Opladen/Berlin/Toronto

Erscheinungsjahr

2017

Stiftungsengagement

Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ (Stiftungspartner: Siemens Stiftung, Dietmar Hopp Stiftung, Deutsche Telekom Stiftung)

Literaturangabe

Christiane Benz/Meike Grüßing/Jens Holger Lorenz/Kristina Reiss/Christoph Selter/Bernd Wollring: Frühe mathematische Bildung – Ziele und Gelingensbedingungen für den Elementar- und Primarbereich. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Arbeit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, Band 8. Hrsg. v. Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Opladen/Berlin/Toronto 2017.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ engagiert sich seit 2006 für eine bessere Bildung von Mädchen und Jungen im Kita- und Grundschulalter im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Mit einem bundesweiten Fortbildungsprogramm unterstützt das „Haus der kleinen Forscher“ pädagogische Fach- und Lehrkräfte dabei, Kinder beim entdeckenden und forschenden Lernen qualifiziert zu begleiten. Die Bildungsinitiative möchte damit zur Verbesserung von Bildungschancen, zur Nachwuchsförderung im MINT-Bereich und zur Professionalisierung des pädagogischen Personals beitragen. Partner der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ sind die Helmholtz-Gemeinschaft, die Siemens Stiftung, die Dietmar Hopp Stiftung und die Deutsche Telekom Stiftung. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Ausgangspunkt ist, dass schon kleine Kinder die Mathematik nutzen, um alltagspraktische Probleme zu lösen, etwa beim Spielen mit Bauklötzen oder beim Teilen von Süßigkeiten. Damit pädagogische Fach- und Lehrkräfte die kindlichen Lern- und Entwicklungsprozesse in der Auseinandersetzung mit Mathematik kompetent begleiten können, müssen sie in der Lage sein, entsprechende Situationen zu erkennen und zu nutzen. Zur Unterstützung möchte die Stiftung deshalb verschiedene Angebote im Bereich Mathematik für Lehrende und Lernende zur Verfügung stellen.

In Band 8 der wissenschaftlichen Schriftenreihe zur Arbeit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ haben Expertinnen und Experten – basierend auf aktuellen theoretischen und empirischen Erkenntnissen aus der Mathematikdidaktik und der Entwicklungspsychologie – Zieldimensionen mathematischer Bildung formuliert und daraus Empfehlungen für die Umsetzung in der pädagogischen Praxis abgeleitet. Autoren und Autoren sind Prof. Dr. Christiane Benz (Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Institut für Mathematik und Informatik), Prof. Dr. Meike Grüßing (Universität Vechta, Fach Mathematik), Prof. Dr. Jens Holger Lorenz (Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Didaktik der Mathematik und Informatik), Prof. Dr. Kristina Reiss (Technische Universität München, Heinz Nixdorf-Stiftungslehrstuhl für Didaktik der Mathematik), Prof. Dr. Christoph Selter (TU Dortmund, Institut für Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts) und Prof. Dr. Bernd Wollring (Universität Kassel, Institut für Mathematik).

Die Publikation richtet sich an das pädagogische Personal in Kindergärten, Horten und Schulen. Sie soll dazu beitragen, mathematisches Interesse früh zu wecken und mathematische Kompetenzen altersgemäß zu entwickeln. Zugleich wird deutlich gemacht, dass für den Bereich der frühen mathematischen Bildung weiterhin Forschungsbedarf besteht.

Abschließend werden Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Stiftungsangebote und die wissenschaftliche Begleitung der Stiftungsarbeit im Bereich Mathematik gegeben.

Wichtige Ergebnisse

Dem Fach Mathematik kommt im Kanon der Schulfächer eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung mathematischer Kompetenzen zu. In den letzten Jahren habe sich ein Verständnis durchgesetzt, dass es dabei nicht nur um pure Inhalte, sondern verstärkt um praktische Anwendungen geht, so die Autorinnen und Autoren der Studie. Entsprechend habe sich an den Schulen die Aufmerksamkeit in Bezug auf Lehren und Lernen verlagert. Auch wenn das inhaltsbezogene Wissen immer noch sehr wichtig ist, sei der Umgang mit diesem Wissen zunehmend wichtiger geworden: Der Mathematikunterricht solle darauf vorbereiten, mathematikhaltige Situationen im Alltag, wie zum Beispiel die Abschätzung des Rechnungsbetrags im Restaurant oder die Berechnung der Zinsen bei der Beantragung eines Kredits, gut zu meistern. Auch die motivational-emotionale Ebene spiele eine wesentliche Rolle, was erhebliche Konsequenzen für das Lehren habe: Zur Unterstützung des Kompetenzerwerbs reiche es nicht, fachliche Angebote zu machen oder Anwendungen aufzuzeigen, sondern es gehe darum, bei den Lernenden das Interesse zu wecken, Motivation zu erkennen oder aufzubauen, eventuelle Ängste abzubauen und keine Langeweile aufkommen zu lassen.

Die Expertise geht von diesem Ansatz aus und widmet sich prozessbezogenen und inhaltsbezogenen mathematischen Kompetenzen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem vorschulischen Bereich. Als ganz zentral wird die abgestimmte Verbindung zwischen Vorschule und Grundschule betrachtet: Auf der einen Seite sei sie für Kinder wichtig, die kontinuierliche Lernprozesse und die Anbindung an Vorwissen für ein erfolgreiches Lernen brauchen. Auf der anderen Seite sei aber auch für das pädagogische Personal eine ganzheitliche Sicht auf die Mathematik Voraussetzung für die geeignete Auswahl und Präsentation von Lerninhalten. Darüber hinaus seien Aspekte wie Motivation, Interesse und Selbstwirksamkeit im Umgang mit dem Fach sehr wichtig.

Die Autorinnen und Autoren formulieren pädagogisch-inhaltliche Zieldimensionen mathematischer Bildung im Elementar- und Primarbereich, definieren Messinstrumente und betonen die Notwendigkeit der Instrumentenentwicklung für die Erfassung der definierten Zielbereiche.

Zielbereiche auf der Ebene der Kinder:

  • Motivation, Interesse und Selbstwirksamkeit im Umgang mit Mathematik
  • Prozessbezogene mathematische Kompetenzen
  • Inhaltsbezogene mathematische Kompetenzen

Zielbereiche auf der Ebene der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte:

  • Motivation, Interesse und Selbstwirksamkeit in Bezug auf die Gestaltung mathematischer Bildung
  • Einstellungen und Überzeugungen in Bezug auf die Gestaltung mathematischer Bildung
  • Prozessbezogene mathematische Kompetenzen
  • Inhaltsbezogene mathematische Kompetenzen
  • Mathematik-didaktische Kompetenzen

Auch werden Gelingensbedingungen für eine effektive und wirkungsvolle frühe mathematische Bildung in der Praxis benannt. Eine gelingende Auseinandersetzung mit mathematischen Themen im Alltag setze bei den pädagogischen Fach- und Lehrkräften folgende Kompetenzen voraus:

  • eine positive Einstellung zum Fach Mathematik,
  • die Planung und Gestaltung effektiver Lernumgebungen,
  • das Erkennen von individuellen Entwicklungsständen sowie
  • eine daran angepasste Auswahl von mathematischen Angeboten für die Kinder.

Im Hinblick auf Fortbildungen müsse der Berufsbezug für die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte klar erkennbar sein. Außerdem sei eine kontinuierliche Professionalisierung im Bereich Mathematik und der Fachaustausch mit Kolleginnen und Kollegen (auch einrichtungsübergreifend) und die Kooperation zwischen Bildungseinrichtung und Familie eine zentrale Gelingensbedingung.