Studie mit Handlungsempfehlungen

IT-Ausstattung an Schulen

Thema

Lernförderliche IT-Infrastruktur

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung

Autoren/Autorinnen

Andreas Breiter/Anja Zeising/Björn Eric Stolpmann

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2017

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Andreas Breiter/Anja Zeising/Björn Eric Stolpmann: IT-Ausstattung an Schulen. Kommunen brauchen Unterstützung für milliardenschwere Daueraufgabe. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung 2017.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Ausgangspunkt ist, dass die Schülerinnen und Schüler in Deutschland als digital natives schon sehr vieles online machen und digitale Technologien, soziale Netzwerke und Online-Plattformen selbstverständlich per Smartphone, Tablet und PC nutzen. In den meisten Schulen werden die Möglichkeiten der Digitalisierung aber noch kaum genutzt. Angesichts dessen sei es dringend notwendig, dass Schule digitaler wird und den jungen Menschen die entsprechenden Kompetenzen vermittelt, die künftig für eine Teilhabe an der Gesellschaft und am Berufsleben erforderlich ist.

Bildungspolitischer Hintergrund der Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung ist die KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“, die in fünf Handlungsfeldern die Herausforderungen für die Bundesländer beschreibt und zugleich das gemeinsame Grundverständnis verdeutlicht. In der Strategie wird unter anderem betont, dass das Lehren und Lernen in der digitalen Welt dem Primat der Pädagogik – also dem Bildungs- und Erziehungsauftrag – folgen muss und die Länder dafür Sorge tragen wollen, dass alle Schülerinnen und Schülern die notwendigen digitalen Kompetenzen erwerben können.

In Verbindung mit der KMK-Strategie hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung einen Digitalpakt Schule angekündigt, dessen zentrale Aussagen bereits in einem Eckpunktepapier festgehalten wurden. Maßnahmen von Bund und Ländern sollen kombiniert werden, doch wird zugleich – gemäß Kooperationsverbot – auf eine Arbeitsteilung von Bund und Ländern geachtet. Wesentliche Aspekte sind dabei die Schulhausvernetzung sowie die Ausstattung der Schulen mit Funknetzen (WLAN), standortgebundenen Endgeräten und Servern. Förderfähig sind auch Internet-Breitbandanschlüsse und flankierende Beratungs- und Qualifizierungsangebote. Die Länder und vor allem die Kommunen haben die Administration und Wartung der Schul-IT-Infrastruktur zu gewährleisten. Vorgesehen waren vonseiten des Bundes dafür ursprünglich Investitionsmittel in Höhe von fünf Mrd. Euro über fünf Jahre.

In der Publikation wird zum einen dargestellt, welche digitale Ausstattung Schulen brauchen, zum anderen aufgezeigt, welche Kosten damit verbunden sind und welches Finanzierungsmodell dafür geeignet wäre: Welche Aufwendungen der öffentlichen Hand sind aus Sicht der Bertelsmann Stiftung nötig, um in allen Grundschulen und weiterführenden Schulen die für den Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler nötige lernförderliche IT-Infrastruktur zu verankern?

Zur Kostenberechnung berechnete das Institut für Informationsmanagement der Universität Bremen (ifib) modellhaft für Grundschulen und weiterführende Schulen die Kosten für eine angemessene digitale Infrastrukturausstattung. Das berufsbildende Schulsystem wird in dem Berechnungsmodell ausgeklammert, weil hier andere Anforderungen und Rahmenbedingungen als bei Grund- und weiterführenden Schulen gegeben sind, ebenso kann das Modell nicht auf Förderschulen und Schulen in privater Trägerschaft übertragen werden.

Wichtige Ergebnisse

Es wird festgestellt, dass Schulen nicht nur pädagogische Konzepte und Fachpersonal, sondern auch eine angemessene und lernförderliche IT-Ausstattung brauchen.

Eine lernförderliche IT-Infrastruktur sollte sich durch folgende Merkmale auszeichnen:

  • Zugang und Nutzung sind einfach und ohne Hürden für alle möglich,
  • sie ermöglicht die Entwicklung von Lern- und Lehrszenarien, die aus Sicht von Lehrenden und Lernenden Vorteile bringen,
  • die Nutzung ist sicher im Sinne der gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz, Informationssicherheit, Jugendmedienschutz und Urheberrecht und
  • diese Verantwortung wird nicht auf die individuellen Nutzenden verlagert.

Folgende Komponenten werden einer lernförderlichen IT-Infrastruktur zugeschrieben und stellen somit Kostenpositionen dar, die in die Berechnung eines zukunftsfähigen Ausstattungsmodells einbezogen werden müssen:

  • Endgeräte (mobil und stationär),
  • Präsentationstechnik und Peripherie,
  • Internetzugang (Bandbreite abhängig von der Zahl der Endgeräte),
  • LAN (bei mobilen Endgeräten auch WLAN),
  • zentrale Dienste (Identitätsmanagementsystem, Dateiablage, Kommunikationsmittel, Lernplattform),
  • Software- und Medienlizenzen,
  • Prozesse für (Bedarfs-)Planung, Umsetzung und Steuerung,
  • technischer Betrieb und Support,
  • pädagogische Unterstützung.

Die Breitbandanbindung für die letzte Meile zu den Schulen wurde in der Kalkulation nicht berücksichtigt, vor allem weil hier starke Unterschiede zwischen und innerhalb der Bundesländer, zwischen Städten und ländlichen Regionen existieren.

Kosten einer zukunftsfähigen lernförderlichen IT-Ausstattung

Nach den Berechnungen auf Basis eines zukunftsfähigen Ausstattungsmodells einer lernförderlichen IT-Infrastruktur müssten in einem Zeitraum von fünf Jahren rund 230.000 Euro in eine Grundschule bzw. 1,5 Mio. Euro in eine weiterführende Schule investiert werden. Hochgerechnet auf die knapp acht Millionen Schülerinnen und Schüler an Grundschulen und weiterführenden Schulen in Deutschland fallen dementsprechend Gesamtkosten in Höhe von ca. 2,8 Mrd. Euro jährlich an, um alle diese Schulen mit der erforderlichen Infrastruktur auszurüsten.

Die Kommunen und die Länder leisten bereits heute einen signifikanten Anteil für IT in den Schulen. Der Anteil der Kommunen ist jedoch unterschiedlich groß und verschieden ausgestaltet: Er reicht von der Bereitstellung einer Minimalausstattung ohne Wartung und Support bis hin zu einer jährlich (neu) geplanten Regelausstattung der Schulen mit einem Voll-Service. Die große Spannweite betrifft auch den Umfang der Netzanbindung sowie die Ausstattung und Qualität der Dienstleistungen. Angenommen wird, dass heute bereits zwischen 20 und 50 Prozent der Gesamtkosten durch Land und Kommunen sowie durch Zuschüsse über Elternvereine oder Unternehmensspenden abgedeckt werden.

Bei den Investitionskosten machen die Endgeräte neben der Netzinfrastruktur den größten Teil aus (über 5 Jahre 800 Mio. Euro pro Jahr). Da für die Umsetzung der KMK-Strategie eine Ausstattung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte mit mobilen Endgeräten erforderlich sein wird, müsse über eine Verteilung der Investitionskosten neu nachgedacht werden, so die Autoren. Eine alleinige Finanzierung einer 1:1-Ausstattung über den Schulträger scheint aufgrund der zu erwartenden Kosten kaum umsetzbar. Denkbar seien hierfür zwei Szenarien.

Szenario 1: Bring Your Own Device (BYOD): Die Nutzerinnen und Nutzer bringen ihre privaten Endgeräte in die Schule mit, etwa Smartphones, Tablets oder Notebooks. Die Vielfalt ließe sich bei Bedarf auch wieder einschränken, indem nur bestimmte Gerätetypen mit einer bestimmten Software-/App-Ausstattung zugelassen werden.

Szenario 2: Get Your Own Device (GYOD): Nutzerinnen und Nutzer erhalten ein Endgerät, das in Hard- und Software vom Schulträger definiert und somit einheitlich ist. Die Beschaffung könnte über den Schulträger oder durch Elternfinanzierung (etwa Leasing) erfolgen.

BYOD und eine mögliche Elternbeteiligung für individuell nutzbare Endgeräte müssten jedoch aus Kostengründen und der sozialen Absicherung sehr sorgfältig abgewogen werden. Basierend auf Erfahrungen in Kommunen könnten bei einer etwaigen Kostenbeteiligung durch Eltern je nach Endgeräte-Klasse monatliche Kosten von unter 10 bis zu 25 Euro anfallen. Daher müssten Solidarmodelle entwickelt werden, damit einkommensschwache Eltern entweder Zuschüsse zur Gerätefinanzierung erhalten oder über den Schulträger ein Gerät gestellt bekommen. Dies würde jedoch – je nach Bundesland – unter Umständen die in den Schulgesetzen festgelegte Lernmittelfreiheit tangieren, sodass zum Beispiel Anhebungen von Beitragsgrenzen Gesetzesänderungen erfordern könnten. Unabhängig vom gewählten Ausstattungsmodell sei eine Diskussion darüber notwendig, welche Gerätetypen für den Einsatz in der Schule sinnvoll sind. Gerade BYOD wird häufig in Hinblick auf Smartphones diskutiert, die bei älteren Schülerinnen und Schülern im Gegensatz zu Tablets schon nahezu flächendeckend vorhanden sind, aber in der Funktionalität hinter Tablets deutlich zurückbleiben.

Gemeinsame Finanzierung von Bund, Ländern und Kommunen notwendig

Die Gesamtkosten einer lernförderlichen IT-Infrastruktur seien im Sinne des Modells der Total Cost of Ownership nur schwer zu beziffern, so die Autoren. Dies liege nicht nur an der Verteilung der Aufgaben zwischen Land, Kommunen und Schule und vielleicht künftig den Eltern, sondern auch an den versteckten Kosten für IT-bezogene Prozesse und den „Eh-da“-Kosten von Lehrkräften (oder Schüler-AGs), die aus der Historie heraus den technischen Support übernommen haben. Die vorliegende Berechnung könne daher nur als Rahmengerüst und Orientierung dienen, die im Prozess der kommunalen Medienentwicklungsplanung stets an die örtlichen Bedingungen angepasst werden müsse.

Erforderlich sei eine gemeinsame Kraftanstrengung von Kommunen und Ländern, aber auch eine Beteiligung des Bundes, die als Daueraufgabe zu verstehen ist: Schon heute tragen die Kommunen einen Teil der Kosten, doch sollten sie künftig stärker und dauerhaft durch den Bund unterstützt werden. Ein Einstieg des Bundes würde insbesondere die Kosten bei den Kommunen für die Basisinfrastruktur reduzieren. Wichtig sei es, die Kosten langfristig zu betrachten und nicht den Fehler der Vergangenheit zu begehen, Investitionen zu tätigen und die dauerhaft anfallenden Folgekosten nicht zu beachten.