Kulturelle Praktiken 4.0

Thema

Auswirkungen der Digitalisierung auf Bildung, Politik, Arbeit, Medien

Herausgeberschaft

Schader-Stiftung

Erscheinungsort

Darmstadt

Erscheinungsjahr

2016

Stiftungsengagement

Schader-Stiftung

Literaturangabe

Schader-Stiftung (Hrsg.): Kulturelle Praktiken 4.0 – Verführung oder Selbstbestimmung? Großer Konvent der Schader-Stiftung. Dokumentation der Jahrestagung am 18. November 2016. Darmstadt 2016.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Mit dem Konventsthema „Kulturelle Praktiken 4.0. – Verführung oder Selbstbestimmung?“ hat die Schader-Stiftung im Jahr 2016 den Fokus darauf gelegt, wie sich Kulturen unter dem Vorzeichen von Digitalisierung und Ökonomisierung entwickeln und verändern. Über diese Frage diskutierten am 18. November 2016 im Schader-Forum in Darmstadt Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung, Unternehmen und Zivilgesellschaft. Die wichtigsten Erkenntnisse der Vorträge und Diskussionen in „Dialog-Cafés“ wurden in einer Publikation festgehalten.

Die Debatte über Phänomene der Digitalisierung wurden in Prologen und Keynotes mit folgenden Themen behandelt:

  • Umgang mit unendlichen Daten und Überwachung
  • Dystopie eines Jahrhunderts der Informatik
  • Erläuterung einer politischen Partizipation in virtuellen Räumen und analogen Herrschaftsstrukturen
  • Darstellung der digitalen Existenz zwischen Anonymität, Pseudonymität und Identität

Die Prologe und Keynotes sind nicht nur in der Publikation dokumentiert, sondern können auch als einzelne Beiträge online auf dem Youtube-Kanal der Schader-Stiftung angesehen werden.

Wichtige Ergebnisse

Auswahl von Ergebnissen der Dialog-Cafés:

Festgestellt wurde, dass der digitalisierte Alltag mit massiven Veränderungen der individuellen Verhaltensweisen und gesellschaftlichen Strukturen einhergeht. Ob man die daraus erwachsenden Möglichkeiten als positiv gestaltbar oder eher als Bedrohung wahrnehme, hänge maßgeblich von der entsprechenden Befähigung der Individuen zum Umgang mit digitalen Medien ab, zum Beispiel durch eine tragfähige informatorische oder algorithmische Bildung (Code Literacy).

Die Digitalisierung könnte ohnehin bestehende gesellschaftliche Probleme verstärken, etwa mangelnde Transparenz oder soziale Ungleichheit.

Im digitalisierten Alltag müsse der Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte gewährleistet werden. Allerdings müssten für viele Bereiche erst noch funktionierende Mechanismen etabliert werden. Denkbar seien verschiedene technische, rechtliche und wirtschaftspolitische Maßnahmen, etwa die Dezentralisierung des Netzes mittels Smart Contracts, mehr Transparenz für die Nutzerinnen und Nutzer im Hinblick auf die gesammelten Daten sowie eine ökonomische Einhegung marktbeherrschender Internetunternehmen durch Genossenschaftsmodelle.

Gefordert wurde auch eine demokratische Prozessgestaltung bei der Einführung von Digitalanwendungen, insbesondere im Hinblick auf Daten- und Persönlichkeitsschutz.

Mit der Digitalisierung seien neue Möglichkeiten verbunden, etwa in den Lebens- und Naturwissenschaften. Bei neuen medizinischen Möglichkeiten (wie Implantaten für Hörgeschädigte oder Prothesen) würden vor allem die Vorteile gesehen, doch gebe es auch technische Möglichkeiten, bei denen es noch keine gesicherte ethische oder soziale Erkenntnis darüber gibt, ob und wie diese umgesetzt werden dürfen (zum Beispiel pränatale Genomanalysen) und welche Risiken damit einhergehen.

Eine wichtige Frage sei, wie in Zukunft angesichts umfassender Automatisierung und Digitalisierung flächendeckend „gute Arbeit“ sichergestellt werden kann, vor allem in Bezug auf Teilhabe und Selbstbestimmung in der Arbeit sowie soziale Absicherung.

Festgestellt wurde, dass digitale Medien einerseits Integrationspotenziale bergen und gesellschaftliche Teilhabe von Migrantinnen und Migranten durch soziale Vernetzung, Kontaktpflege und Informationsangebote unterstützen können. Andererseits können soziale Medien aber auch zur politischen Instrumentalisierung oder als Medium zur Radikalisierung missbraucht werden. Hier bedürfe es Kontroll- und Gegenmaßnahmen sowie Aufklärungsangeboten, um Gefahrenpotenzialen entgegenzuwirken.

In Zeiten der Digitalisierung sei eine Verschiebung der Kernkompetenzen von Journalistinnen und Journalisten festzustellen, die zum Beispiel eine neue Rolle als Navigator und Moderator übernehmen. Auch ihre Arbeitsweise verändere sich, etwa durch „Hashtag-Journalismus“ und crossmediale Ansätze. Kritisch zu betrachten sei die öffentliche Meinungsbildung im Internet, insbesondere mit Blick auf die von sozialen Medien und Suchmaschinen verwendeten Algorithmen und Social Bots und ihre Folgen für die demokratische Meinungsbildung.

Wichtig wäre es, einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über Ziele, Chancen und Risiken der digitalen Transformation in den verschiedenen Bereichen zu initiieren.