Studie

Lernen in Zeiten von Corona

Thema

Lernverständnis und -verhalten von Schülerinnen und Schülern in der Corona-Pandemie

Herausgeberschaft

Deutsche Telekom Stiftung (Hg.)

Erscheinungsort

Allensbach am Bodensee

Erscheinungsjahr

2021

Stiftungsengagement

Deutsche Telekom Stiftung

Literaturangabe

Institut für Demoskopie Allensbach: Lernen in Zeiten von Corona. Ergebnisse einer Befragung von Schülern und Eltern von Kindern der Klassenstufen 5 bis 10 im Frühjahr 2021. Hg. v. Deutsche Telekom Stiftung. Allensbach am Bodensee 2021.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Hintergrund ist, dass die Corona-Pandemie Kinder und Jugendliche wie auch ihre Eltern in den letzten Monaten vor enorme Herausforderungen gestellt hat. Der Schulunterricht musste über Monate überwiegend digital stattfinden und außerschulische Lernorte wie Bibliotheken und Jugendhäuser konnten immer wieder für längere Phasen nicht besucht werden.

Die Studie geht folgenden Fragen nach:

  • Wie haben die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern diese Zeit in Bezug auf das Lernen erlebt?
  • Was bedeuten die Veränderungen und Herausforderungen der Pandemie für das Verständnis vom Lernen?
  • Inwieweit haben sich Lernverhalten und -motivation der Schülerinnen und Schüler durch die Ausnahmesituation verändert?

Im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung hat das Institut für Demoskopie Allensbach im März und April 2021 eine Befragung von 1.071 Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 10 an allgemeinbildenden Schulen sowie 525 Eltern von Kindern dieser Altersgruppe durchgeführt. Die beiden Stichproben können als repräsentativ für diese Bevölkerungsgruppen gelten. Alle Interviews fanden mündlich-persönlich statt.

Die Studie knüpft an eine Untersuchung zur Lernmotivation an, die das Allensbacher Institut Anfang März 2020 – also noch vor den ersten Schulschließungen – im Auftrag der Telekom Stiftung durchgeführt hat. Um Veränderungen in den Einstellungen von Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern zu ermitteln, wurde ein Großteil des Fragenprogramms wiederholt und durch einen neuen Fragenblock ergänzt, der die Erfahrungen der Befragten mit dem Lernen in Pandemie-Zeiten erfassen sollte, unter anderem,

  • wie Schülerinnen und Schüler die Corona-Zeit bisher wahrgenommen haben,
  • inwieweit sie vermuten, im Lernrückstand zu sein und was sie dagegen unternehmen,
  • welche neuen Fähigkeiten sie sich während der Corona-Zeit angeeignet haben und
  • wie sie sich das ideale Lernen nach Corona vorstellen.

Wichtige Ergebnisse

Wichtige Ergebnisse der Befragung

1. Die Corona-Pandemie verstärkt die Ungleichheit zwischen leistungsstarken und -schwachen Schülerinnen und Schülern.

  • Grundsätzlich sind die Kinder und Jugendlichen nach eigener Einschätzung während der Corona-Pandemie mit dem schulischen Lernen zu Hause mehrheitlich (58 Prozent) gut oder sogar sehr gut zurechtgekommen.
  • Deutlich werden aber Unterschiede: Die Bilanz fällt bei Befragten, die sich selbst als gute Schülerinnen und Schüler einschätzen, deutlich besser aus als bei solchen, die angeben, in der Schule durchschnittliche oder weniger gute Leistungen zu bringen. Schülerinnen und Schüler an Gymnasien urteilen tendenziell positiver als jene an Haupt-, Real- oder Gesamtschulen.
  • Einen hohen Einfluss auf die Bewertung hat zudem die technische Ausstattung im eigenen Haushalt: 7 Prozent der Schülerinnen und Schüler empfinden diese als nicht ausreichend.
  • Die Corona-Pandemie ist mit der Gefahr verbunden, das Ungleichgewicht zwischen Schüler*innen, die leicht lernen, und Schüler*innen, die aus unterschiedlichen Gründen mehr Lernschwierigkeiten haben, zu verstärken.
  • 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen hatten während der Zeit der Schulschließungen mindestens einmal pro Woche Digitalunterricht, die allermeisten von ihnen mehrmals pro Woche oder sogar täglich. Sie bewerten das Angebot ihrer Schulen aber ambivalent: Etwas mehr als die Hälfte sind mit dem Digitalunterricht zufrieden oder sehr zufrieden, 41 Prozent hingegen weniger oder gar nicht. Etwas mehr als die Hälfte (57 Prozent) empfindet zudem die digitale Ausstattung ihrer Schule als gut oder sehr gut, wobei Gymnasiast*innen die Lage deutlich besser bewerten als ihre Altersgenossen an anderen Schulformen.
  • Nach Ansicht der Eltern ist der dringend erforderliche Digitalisierungsschub an den Schulen bislang ausgeblieben; nur ein Drittel der Befragten ist der Meinung, dass die Schule ihres Kindes heute digital besser ausgestattet als vor der Krise. Auch die Qualität des Digitalunterrichts sowie die Zeit des Lernens zu Hause bewerten sie negativer als die Kinder und Jugendlichen.

2. Schülerinnen und Schüler sind mit dem Schulstoff in Rückstand geraten.

  • Um die negativen Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche abzuschwächen und ihnen zu helfen, ihre Bildungsziele zu erreichen, hat die Bundesregierung ein milliardenschweres Aktionsprogramm auf den Weg gebracht. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt auch die Studie: So haben vier von fünf Schülerinnen und Schülern infolge von Corona selbst den Eindruck, mit dem Schulstoff nun im Rückstand zu sein. Ein gutes Viertel der Schülerinnen und Schüler und ein Drittel der Eltern konstatiert sogar einen deutlichen Lernrückstand.
  • Den Kindern und Jugendlichen bereitet diese Tatsache kein größeres Unbehagen: Nur 38 Prozent geben an, der Lernrückstand mache ihnen Sorgen, während das 61 Prozent der Eltern sagen. Zudem versucht nur eine Minderheit (44 Prozent) derjenigen, die sich im Verzug fühlen, den Stoff aktiv aufzuholen. Am engagiertesten sind dabei Gymnasiast*innen sowie – über alle Schularten hinweg – die ohnehin lernwilligen und guten Schülerinnen und Schüler.
  • Nach Auffassung eines großen Teils der Eltern (90 Prozent) müssen insbesondere die Schulen sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler ihren Rückstand aufholen und ihr Bildungsziel erreichen können. Nach Auskunft der Kinder und Jugendlichen bieten die meisten Schulen entsprechende Unterstützungsmaßnahmen an, zum Beispiel zusätzliche Übungsaufgaben (55 Prozent) oder digitale Lernangebote (41 Prozent). Weitaus seltener werden Lernangebote in den Schulferien und zusätzlicher Nachmittags- oder Samstagsunterricht genannt.

3. Es sind Fortschritte bei überfachlichen Kompetenzen festzustellen.

  • Die Befragungsergebnisse weisen darauf hin, dass sich die Kinder und Jugendlichen während der Corona-Pandemie in überfachlicher und persönlicher Hinsicht weiterentwickelt haben. Dies trifft insbesondere auf Gymnasiast*innen zu sowie auf Schüler*innen, die laut Selbstauskunft gut in der Schule sind und gerne lernen.
  • Zwei Drittel der Befragten sagen beispielsweise, ihr Umgang mit dem Computer beziehungsweise mit digitalen Anwendungen sei während der Pandemie besser geworden. Mehr als die Hälfte sind zudem der Ansicht, sich beim Recherchieren von Informationen, beim selbstständigen Erarbeiten von Dingen sowie in Selbstorganisation und Zeitmanagement verbessert zu haben. Immerhin 41 Prozent bekunden, sie könnten heute besser Prioritäten setzen als noch vor Corona.
  • Die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler werden von den Eltern im Wesentlichen geteilt, insbesondere im Hinblick auf die Fortschritte in der Handhabung digitaler Medien.

4. Die Beschäftigung mit digitalen Medien hat deutlich zugenommen.

  • Auf die Frage, was die Schüler*innen wegen der Corona-Pandemie neu angefangen bzw. häufiger gemacht haben als davor, werden auf den ersten sechs Plätzen Beschäftigungen mit digitalen Medien genannt: allgemein das Internet (52 Prozent), Computerspiele (47 Prozent), soziale Medien (46 Prozent), Streamingdienste (39 Prozent) und Podcasts bzw. Hörbücher (38 Prozent), unterbrochen nur von Spaziergängen und Ausflügen (41 Prozent).
  • Dabei zeigt sich eine Geschlechtsspezifik: Digitale Aktivitäten wie „Computerspiele spielen“ oder „Zeit im Internet verbringen“ wird deutlich häufiger von Jungen genannt, während analoge Beschäftigungen wie kochen, backen, Handarbeiten, Bücher lesen oder Spaziergänge häufiger von Mädchen genannt werden.

5. Am meisten vermisst werden die Angebote der Vereine, allen voran der Sportvereine.

  • Beim Lernen während Corona-Pandemie haben die Schülerinnen und Schüler verstärkt auf digitale Medien zurückgegriffen. Dabei lag der Fokus auf originären Online-Angeboten sowie auf von der Schule vorgegebener Software. Besonders häufig genannt wurden etwa Suchmaschinen, Messenger-Dienste, Videokonferenzen, Erklärvideos auf YouTube, Lernplattformen und Online-Lexika. Seltener genutzt wurden hingegen die Online-Angebote von Bibliotheken, Jugendhäusern und Museen. Das könnte darauf hindeuten, dass diese Einrichtungen sich selbst immer noch eher als Präsenzorte begreifen und von den jungen Menschen auch als solche wahrgenommen werden.
  • Die sogenannten „Dritten Orte“ neben der Schule und dem eigenen Zuhause haben die Kinder und Jugendlichen in der Krise vermisst, allen voran die Sportvereine (66 Prozent), gefolgt von anderen Vereinen und Gruppen, etwa den Pfadfindern, der Jugendfeuerwehr oder kirchlichen Gruppen (22 Prozent). Jede*r fünfte Befragte sagt, während der Corona-Pandemie hätten Jugendhäuser, -treffs und -clubs gefehlt. Weniger vermisst wurden Bibliotheken (15 Prozent), Museen (6 Prozent) und Fab-Labs bzw. Maker-Spaces (5 Prozent), was vermuten lässt, dass vielen Kindern und Jugendlichen immer noch der Zugang zu diesen fehlt und sie deren (Bildungs-)Angebote nicht kennen.

6. Nach der Corona-Pandemie wünschen sich die meisten Kinder und Jugendlichen eine Rückkehr zum Status quo ante.

  • Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen äußert die Ansicht, dass sie beim Schulunterricht nach den coronabedingten Einschränkungen gerne wieder zum Status quo ante zurückkehren würden: Zwei Drittel wollen den Schulstoff künftig wieder weitgehend von einer Lehrkraft vermittelt bekommen, während es nur einem knappen Drittel gefällt, sich die Inhalte zumindest ab und zu auch selbst zu erarbeiten.
  • Auch der Lernort Schule hat für die Schülerinnen und Schüler in der Corona-Krise nicht an Bedeutung verloren: 54 Prozent wollen künftig wieder ausschließlich in der Schule, weitere 39 Prozent überwiegend in der Schule und ab und zu digital zu Hause unterrichtet werden. Nur vier Prozent wünschen sich, dass es vor allem beim digitalen Distanzunterricht bleibt.
  • Erwartungsgemäß fällt das Stimmungsbild bei den Eltern nach 16 Monaten der besonderen Belastung hier noch eindeutiger aus: Drei Viertel plädieren dafür, dass der Unterricht ihrer Kinder künftig wieder ausnahmslos in der Schule stattfindet.

7. Lernen ist für Jugendliche eng mit Schule verknüpft.

  • Die Corona-Pandemie hat den Alltag der Kinder und Jugendlichen verändert, aber offenbar wenig Auswirkungen auf ihr Verständnis vom Lernen. Nach wie vor denken die 10- bis 16-Jährigen beim Stichwort „Lernen“ zuallererst an die Schule: Dazu gehört für sie genau wie im Vorjahr 2020 insbesondere das Erledigen von Hausaufgaben bzw. Einprägen von Schulstoff (92 Prozent) sowie der Schulbesuch (89 Prozent), wobei erstere Antwort leicht verloren und letztere leicht hinzugewonnen hat. Auf Platz 3 folgt mit einigem Abstand (74 Prozent) das Online-Lernen bzw. der Digitalunterricht – eine Antwortmöglichkeit, die vor einem Jahr noch nicht zur Wahl gestanden hatte. Dahinter, unverändert von 67 Prozent der Befragten genannt: „von den Eltern etwas erklärt bekommen“. Den größten Zugewinn (von 53 auf 62 Prozent) verzeichnet das Anschauen von Erklärvideos im Netz auf Platz 5.
  • Zusammenfassend könnte festgestellt werden, dass das Verständnis vom Lernen gegenüber dem Vorjahr etwas digitaler geworden ist. Nur 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen (2020: 25 Prozent) vertreten die Auffassung, selber zu lernen sei heute nicht mehr so wichtig, da man im Internet alle benötigten Informationen bekomme. Wenig verändert haben sich auch die Begriffe, die die Jugendlichen mit Lernen assoziieren. Unter den positiv konnotierten Begriffen werden hier am häufigsten „Konzentration“, „Neues erfahren“, „Erfolgserlebnisse“, „Interessant“ und „Selbstständig werden“ genannt, mit Häufigkeiten zwischen 88 und 51 Prozent. Unter den negativ konnotierten Assoziationen nehmen „Anstrengung“, „viel Zeitaufwand“ und „Druck“ die vorderen Plätze ein, genannt von zwischen 77 und 52 Prozent der Befragten.

8. Lernen macht den meisten Kindern und Jugendlichen nur außerhalb der Schule Spaß.

  • Die Lernfreude der Kinder und Jugendlichen hat sich leicht verbessert, verharrt aber dennoch auf niedrigem Niveau: 2020 gaben 33 Prozent an, eher gerne für die Schule zu lernen, 2021 waren es 36 Prozent der Befragten. 57 Prozent empfinden wenig oder gar keine Lernfreude in der Schule (2020: 60 Prozent). Dabei zeigt die Detailanalyse, dass Mädchen lieber lernen als Jungen, Gymnasiast*innen lieber als Schüler*innen an anderen Schulformen und Befragte aus bildungsnahen Elternhäusern lieber als solche aus bildungsferneren Familien.
  • 87 Prozent der jungen Menschen lernen gerne, wenn es um Themen außerhalb der Schule geht, also zum Beispiel um ihr Hobby. Auch dieser Wert ist gegenüber der ersten Befragung leicht gestiegen (2020: 85 Prozent).

9. Die wichtigsten Lernmotive sind ein guter Beruf, gute Noten und Wissbegier.

  • Die Lernmotivation der jungen Menschen hat in der Corona-Pandemie gelitten: Nahezu alle zur Auswahl gestellten Lernmotive werden aktuell seltener genannt als noch vor der Corona-Krise.
  • Keine Veränderung gibt es bei der Reihenfolge der wichtigsten Lerngründe: Nach wie vor lernen die meisten Befragten vor allem, weil sie bereits heute an das spätere Arbeitsleben denken (75 Prozent) und weil sie gute Noten haben möchten (71 Prozent). Lernen als Selbstzweck nennen 60 Prozent („weil ich mehr über etwas wissen, dazulernen möchte“). Doch auch äußere Gründe – wie „weil ich es muss“ (56 Prozent) und „weil es meinen Eltern wichtig ist“ (50 Prozent) – rangieren weiterhin unter den fünf am häufigsten genannten Motiven. Den beiden letzteren stimmen tendenziell mehr Jungen als Mädchen zu.
  • In der aktuellen Befragung schreiben die Eltern eine ganze Reihe von Lernmotiven ihren Kindern teils signifikant häufiger zu als noch 2020 – das kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Familien während der Schulschließungen mehr gemeinsame Zeit mit Lernen verbracht haben und die Eltern dadurch heute zu einem konturierteren Urteil über die Motive ihres Nachwuchses kommen dürften als noch vor Corona.

10. Eltern bleiben wichtigste Unterstützende beim Lernen.

  • Kinder und Jugendliche geben nach wie vor an, dass sie am häufigsten ihre Eltern zu Rate ziehen, wenn sie Hilfe beim Lernen brauchen. 71 Prozent nennen sie als Unterstützende (2020: 73 Prozent), dahinter folgen mit großem Abstand Freundinnen und Freunde sowie Lehrkräfte, die beide gegenüber dem Vorjahr hinzugewinnen.
  • Die Eltern selbst geben an, ihre Kinder auf vielfältige Weise zu unterstützen, zum Beispiel, indem sie darauf achten, dass diese ihre Hausaufgaben erledigen (74 Prozent). Zwei Drittel sagen, dass sie ihrem Kind allgemein beim Lernen zu Hause helfen, fast genauso viele fragen es vor Klassenarbeiten ab und helfen bei den Hausaufgaben.
  • Allerdings beschränkt sich der Elternbeistand nicht allein auf schulisches Lernen: Mehr als die Hälfte der Befragten ermutigt den Nachwuchs, seinen Begabungen nachzugehen sowie Sport zu machen.
  • Verändert hat sich sowohl in der Rangliste der genannten Unterstützungsarten als auch bei den Häufigkeiten gegenüber dem Vorjahr nur wenig. Erneut fällt auf, wie stark die Förderung von der sozialen Herkunft und Bildung der Eltern abhängt. So achten Eltern mit einfachem oder mittlerem Schulabschluss zwar genauso sehr darauf, dass der Nachwuchs seine Hausaufgaben erledigt, und schicken diesen sogar häufiger zur Nachhilfe als Eltern mit Abitur oder Studium. Alle anderen Förderleistungen werden von ihnen jedoch teils deutlich seltener genannt. Gleichzeitig haben insgesamt 27 Prozent aller Eltern das Gefühl, ihr Kind nicht so fördern zu können, wie sie es möchten – ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozentpunkte, der durchaus mit den gewachsenen Anforderungen während der Coronazeit zusammenhängen könnte.

11. Schülerinnen und Schüler wünschen sich selbstbestimmtes Lernen und Mitbestimmung.

  • Den Kindern und Jugendlichen fällt das Lernen auch in der aktuellen Befragung laut eigenem Bekunden mehrheitlich leicht (63 Prozent). Die pandemiebedingten Einschränkungen haben daran ebenso wenig geändert wie an der Selbsteinschätzung des Leistungsstandes: Beinahe konstant halten sich 46 Prozent für gute, 41 Prozent für durchschnittliche und elf Prozent für weniger gute Schülerinnen und Schüler.
  • Gelernt wird immer noch am liebsten allein, allerdings mit rückläufigem Trend (von 60 auf 55 Prozent). Aber nach den Erfahrungen der sozialen Isolation während der Schulschließungen hat das gemeinsame Lernen mit Klassenkamerad*innen (43 Prozent) sowie mit Freundinnen und Freunden (34 Prozent) jeweils deutlich an Beliebtheit hinzugewonnen.
  • Hoch im Kurs steht für die jungen Menschen weiterhin das selbstbestimmte Lernen. 62 Prozent fällt es nach eigener Aussage leichter, etwas zu lernen, das sie sich selbst ausgesucht haben. Knapp die Hälfte mag zudem Projektarbeit besonders gern. Beide Werte sind gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen.
  • Allerdings dürfen nur 41 Prozent der Schülerinnen und Schüler (2020: 43 Prozent) auch mitbestimmen, welche Themen im Unterricht behandelt oder wie Aufgaben gelöst werden. Dabei ist die Möglichkeit zur Mitsprache an Gymnasien und Gesamtschulen sowie in höheren Klassen tendenziell eher gegeben als an Haupt-/Realschulen und bei jüngeren Schülerinnen und Schülern.

Lernen in Zeiten von Corona: Was sich aus den Erkenntnissen ableiten lässt

Die Deutsche Telekom Stiftung zieht folgende Rückschlüsse aus den Ergebnissen der Befragung:

  • Die Pandemie habe den Schulalltag von Kindern und Jugendlichen in den zurückliegenden 16 Monaten auf den Kopf gestellt, doch seien die Auswirkungen sehr unterschiedlich: Einerseits seien die Schülerinnen und Schüler während der Krise mit dem Schulstoff teils erheblich in Rückstand geraten. Diese Lernrückstände gelte es nun bei abflachendem Infektionsgeschehen aufzuholen. Andererseits hätten sich die jungen Menschen laut eigenem Bekunden durchaus weiterentwickelt, etwa im Umgang mit digitalen Medien oder in punkto Selbstständigkeit und Selbstorganisation.
  • Aus Sicht der Telekom Stiftung sollten die Schulen sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Eltern einbeziehen, wenn nach Corona das Lernen der Zukunft gestaltet wird. Es sei wichtig, auf dem erfolgten überfachlichen und persönlichen Kompetenzgewinn der jungen Menschen aufzubauen. So sollten zum Beispiel digitale Medien zum festen Bestandteil des Lehrens und Lernens gemacht werden und den Präsenzunterricht ergänzen. Den Schülerinnen und Schülern sollte aber auch mehr Mitsprache bei Unterrichtsinhalten und Lernformen und somit mehr Verantwortung für das eigene Lernen übertragen werden.
  • Ungewiss bleibe jedoch, ob es den Schulen allein dadurch gelingen wird, auch mehr Lernfreude und -motivation bei den Jugendlichen zu erzeugen. Der Mangel an beidem, den die Daten erneut belegen, sei eine der größten Herausforderungen des Bildungssystems. Und er sei besonders stark bei denjenigen ausgeprägt, die sich in der Schule ohnehin schwertun, denen es zu Hause an digitaler Ausstattung mangelt, und die deshalb nach der Pandemie den größten Lernrückstand aufweisen.
  • Derzeit nimmt nur eine Minderheit der Schülerinnen und Schüler mit Defiziten die freiwilligen Unterstützungsangebote der Schulen zum Aufholen des Stoffes wahr. Einen wirklichen Effekt hätten diese Angebote wahrscheinlich erst dann, wenn die Bildungspolitik sie verpflichtend gestalten würde.
  • Es sei ein guter Gedanke der Bundesregierung, auch außerschulische Lernorte wie Jugendhäuser und Schülerlabore an ihrem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ zu beteiligen. Denn genau solche Lernorte – nach dem Verständnis der Telekom Stiftung zählen dazu auch Maker-Spaces, Bibliotheken, Museen, Medienwerkstätten und viele Orte mehr – könnten junge Menschen mit ihren Bildungsangeboten begeistern. Die Befragung zeige aber auch, dass bislang nur ein relativ kleiner Teil der Schülerinnen und Schüler solche Orte als Lernorte wahrnimmt. Das liege wahrscheinlich daran, dass die Kinder und Jugendlichen sich dort ohne festen Lehrplan und ohne Notendruck praktische Dinge aneignen können: etwa, wie man Steuerungs-Algorithmen für Roboter schreibt, 3-D-Drucker bedient oder im Netz seriöse von unseriösen Quellen unterscheiden kann. Das habe mit den curricularen Defiziten, die während Corona entstanden sind, erst einmal nicht viel zu tun, werde den jungen Menschen im digital geprägten Arbeitsleben des 21. Jahrhunderts aber trotzdem weiterhelfen.
  • Aus Sicht der Telekom-Stiftung haben Schulen und außerschulische Lernorte gleichermaßen große Bedeutung für die Lernmotivation junger Menschen und müssten daher künftig viel enger zusammenarbeiten. Ziel sollte es sein, die jeweiligen Stärken zum Wohle der Kinder und Jugendlichen einzubringen und gemeinsam bestmögliche Angebote für gute Bildung zu schaffen. In manchen Kommunen seien derartige Kooperationen oder „Bildungs-Ökosysteme“ schon gelebte Praxis, meist eingebunden in den schulischen Ganztag. Die Stiftung möchte sich mit ihren Aktivitäten weiterhin dafür engagieren, dass die Zahl dieser Netzwerke steigt.