Handreichung

Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln

Thema

Beteiligung von Kindern bei der Qualitätsentwicklung von Kitas

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung (Hg.)

Autoren/Autorinnen

Iris Nentwig-Gesemann/Bastian Walther/Elena Bakels/Lisa-Marie Munk

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2020

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Iris Nentwig-Gesemann/Bastian Walther/Elena Bakels/Lisa-Marie Munk: Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln. Fachkraft für Kinderperspektiven. Leitfaden für Studium, Aus-, Fort- und Weiterbildung. Hg. v. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2020.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

In der UN-Kinderrechtskonvention ist das Recht von Kindern festgehalten, ihre Meinung bei allen sie berührenden Angelegenheiten zu äußern. Dieses Recht gilt auch für ihr Aufwachsen außerhalb ihrer Familien, zum Beispiel in der Kita, der ein sehr wichtiger Bildungs- und Lebensort für sie ist. Bisher werden ihre Perspektiven, Meinungen und Wünsche aber noch nicht selbstverständlich in Qualitätsentwicklungsprozesse einbezogen.

Die Publikation thematisiert, wie es gelingen kann, die Perspektiven von Kindern systematisch nachzuvollziehen, sie sichtbar bzw. hörbar zu machen und sie in Qualitätsentwicklungsprozesse in Kitas einzubinden.

Grundlage sind die Ergebnisse des zweijährigen Projekts „Kinder als Akteure der Qualitätsentwicklung in KiTas“, in dem diese Frage untersucht wurde. Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erforschte das Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration (DESI) unter wissenschaftlicher Leitung von Frau Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann, was Kita-Qualität für Kinder bedeutet. Entwickelt wurden zudem umfangreiche Praxismaterialien sowie die Weiterbildung „Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln: Fachkraft für Kinderperspektiven“. Die Konzepte und Materialien wurden mit dem pädagogischen Berufsfeld erprobt. Auf dieser Grundlage könnten künftig pädagogische Fachkräfte darin geschult werden, Kinderperspektiven kontinuierlich und systematisch in Qualitätsentwicklungsprozesse einzubeziehen.

Der Weiterbildungsleitfaden soll dabei helfen, die Inhalte und Methoden des Kinderperspektivenansatzes zu nutzen und zu verbreiten. Zielgruppen sind Dozent*innen der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie hochschulischer Studiengänge. Inhalte und Ziele der einzelnen Weiterbildungsbausteine werden ebenso beschrieben wie die Kompetenzen, die eine Fachkraft für Kinderperspektiven besitzen sollte. Mit Hilfe von Vorlagen, zum Beispiel für Präsentationen und einem exemplarischen Ablaufplan, kann eine eigene Weiterbildung oder ein einzelnes Seminar/Modul auf einfache Weise gestaltet werden. So können zum Beispiel pädagogischen Fachkräften, Auszubildenden und Studierenden theoretische Grundlagen zur Qualitätsentwicklung mit Kindern, aber auch konkrete Methoden zur Erhebung, Auswertung, Dokumentation und Reflexion der Kinderperspektiven vermittelt werden.

Das Ziel der Arbeit mit dem Kinderperspektivenansatz besteht darin, die Vielfalt der Stimmen von Kindern im Qualitätsdiskurs einer Kita zur Geltung zu bringen, sie besser verstehen und differenziert wahrnehmen zu können. Kinder sollen als Akteure bzw. Ko-Konstrukteure der Hervorbringung von Kita-Qualität ernstgenommen werden.

Wichtige Ergebnisse

Wichtige Ergebnisse

Welches Wissen und welche Kompetenzen sollten Fachkräfte für Kinderperspektiven haben?

1. Wissen:

  • Konstrukte „(kollektive) Agency“ von Kindern, „Partizipation“ und „Professionalität“ bzw. „professionelle Haltung“ sowie Frage der Macht in pädagogischen Beziehungen,
  • UN-Kinderrechtskonvention und insbesondere die Beteiligungsrechte und -möglichkeiten von Kindern,
  • unterschiedliche Methoden zur Erhebung und Auswertung von Datenmaterial (Gespräche, Interviewtexte, Fotos, Videos, Kinderzeichnungen etc.), in dem sich Kinderperspektiven dokumentieren,
  • unterschiedliche Dokumentations- und Feedbackmethoden, mit denen Kinderperspektiven in den Qualitätsdiskurs eingespeist werden können,
  • Beteiligungsformen von Kindern als „Forschungssubjekte“ am Forschungsprozess und forschungsethische Grundlagen.

Fähigkeiten zur Situationswahrnehmung, -beschreibung, -analyse und -interpretation:

  • verschiedene Perspektiven von verschiedenen Kindern bzw. Gruppen von Kindern erfassen und vergleichen,
  • die eigene Standortverbundenheit reflektieren und von der Kinderperspektive unterscheiden,  
  • Situationen aus mehreren Perspektiven (z.B. Fachkräfte, Eltern und Kinder) wahrnehmen und beschreiben,
  • Äußerungen von Kindern sowohl auf verbaler als auch auf körpersprachlicher Ebene deuten,
  • Kinderzeichnungen und andere ästhetische Ausdrucksformen von Kindern für das Verstehen der Kinderperspektiven heranziehen,
  • Themen/Inhalte (WAS) einer Äußerung von Kindern erfassen und die dahinterliegenden Bedürfnisse, Orientierungen, Werthaltungen und Muster (WIE) erkennen.

Fähigkeiten bei der Planung und Begründung pädagogisch-professionellen Handelns:

  • Methoden zur Erfassung und Analyse von Kinderperspektiven passgenau auswählen und anwenden,
  • Perspektiven von Kindern dokumentieren und kommunizieren – und zwar auf eine Weise, dass sie in die Entwicklung von Qualität einfließen und zum Qualitätsentwicklungsprozess einer Einrichtung beitragen,
  • mit guten Argumenten und für die Kinder verständlich begründen, wenn die Relevanzen und Wünsche der Kinder nicht realisiert werden können.

Fähigkeiten der Selbstreflexion:

  • sich in die eigene Kindheit zurückversetzen und ergründen, wie man selbst bestimmte Situationen wahrgenommen hat, wie man sich gefühlt hat, was man sich (nicht) gewünscht hätte,
  • sich eigene Vorannahmen bzw. Vorurteile vergegenwärtigen: zur Perspektive von Kindern, zur generationalen Ordnung, zum pädagogischen Verhältnis zwischen Pädagog*in und Kind, zu den Kinderrechten und zu Partizipation bzw. demokratischer Beteiligung von Kindern,
  • mit anderen über die eigene Auswertung der erhobenen Kinderperspektiven kommunizieren, an anderen Interpretationen interessiert und offen für die Irritation der eigenen Perspektive sein.

Weiterführung, Entwicklung von Perspektiven:

  • andere auf unterschiedliche Perspektiven verschiedener Stakeholder (Kinder, Fachkräfte, Eltern, Träger) aufmerksam machen,
  • diskursive Verständigungs- und Aushandlungsprozesse anstoßen,
  • in Diskussionen dafür eintreten, dass die Kinderperspektiven angemessen berücksichtigt werden,
  • sich für einen kontinuierlichen interperspektivischen Qualitätsentwicklungsprozess engagieren,
  • die Arbeit an Qualität als eine ethische, demokratische, diskursive und experimentelle Praxis konzipieren.

Fünf Bausteine des Leitfadens der Weiterbildung:

1. Baustein: Überblick und Einblick in das methodische Vorgehen

2. Baustein: Metatheoretische Konstrukte (Welche theoretischen Annahmen liegen dem Kinderperspektivenansatz zugrunde?)

3. Baustein: Der Kinderperspektivenansatz in der Praxis (Konkrete Herausforderungen und Fragen)

4. Baustein: Methodenkarten (Wie kann der Methodenschatz genutzt werden?)

5. Baustein: Evaluation (Bewertung der Weiterbildung durch Gruppendiskussionen und Fragebögen)