Studie

Monitor Digitale Bildung: Die Hochschulen im digitalen Zeitalter

Thema

Digitales Lernen an Hochschulen

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung

Autoren/Autorinnen

Ulrich Schmid/Lutz Goertz/Sabine Radomski/Sabrina Thom/Julia Behrens

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2017

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Monitor Digitale Bildung. Die Hochschulen im digitalen Zeitalter (= Monitor Digitale Bildung Bd. 2). Gütersloh 2017.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Der „Monitor Digitale Bildung“ der Bertelsmann Stiftung zielt darauf, eine umfassende und repräsentative empirische Datenbasis zum Stand des digitalisierten Lernens in den verschiedenen Bildungssektoren (Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung) in Deutschland zu schaffen. Übergreifende Fragen sind:  

  • Wie gut sind die Bildungsinstitutionen in Deutschland auf den digitalen Wandel vorbereitet?
  • Wie verbreitet sind digitale Lerntechnologien und wie werden sie eingesetzt?
  • Trägt die Digitalisierung zu mehr Chancengerechtigkeit bei oder vergrößert sie sogar soziale Unterschiede in der Teilhabe?
  • Verbessern digitale Technologien das Lernen und geben sie Impulse für neue didaktische Konzepte in Schule, Ausbildung, Studium und Weiterbildung?
  • Wie kann digitales Lernen benachteiligte Lernende fördern und den Zugang zu den einzelnen Bildungssektoren insgesamt erhöhen?
  • Wie können Lehrkräfte auf den Einsatz – und ggf. die Erstellung – digitaler Bildungsmedien vorbereitet und dabei unterstützt werden?

Projektpartner ist das mbb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung.

Der erste Monitor Digitale Bildung (2016) widmete sich der beruflichen Ausbildung, der zweite den Hochschulen (2017). Im dritten Bericht wurden die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Bereich Schule untersucht, ergänzend auf die Grundschule (2017). Anfang 2018 erschien der letzte Bericht zum Thema Weiterbildung. Die Steckbriefe der Berichte sind auch im Wissensatlas Bildung der Stiftungen abrufbar (berufliche Bildung, weiterführende Schule, Grundschule, Weiterbildung). 

Im Fokus der vorliegenden Ausgabe steht der Bereich Hochschule. Der digitale Wandel wirkt sich auf die Hochschulen und die Hochschullehre stark aus, auch das Lernen wird dadurch stark verändert. Lernen findet zunehmend virtuell statt, zum Beispiel in E-Lectures, kostenlosen Online-Kursen, im Inverted Classroom oder durch Learning Apps.

Grundlage des Berichts ist eine Online-Befragung zum digitalen Lernen von etwa 3.000 Studierenden und 700 Hochschullehrenden an 50 deutschen Hochschulen. Zusätzlich wurden über 80 Personen befragt, die in leitender Funktion in der Hochschulverwaltung und auf Rektoratsebene tätig sind. Hinzu kamen qualitative Experteninterviews mit externen Akteuren in überregionalen Entscheidungsfunktionen mit Hochschulbezug.

Erhoben wurde vor allem die didaktisch-methodische Seite des digitalen Lernens: Welche Konzepte werden eingesetzt? Welche Geräte und Funktionalitäten bevorzugen Studierende im Gegensatz zu Lehrenden? Welche Bedeutung hat die Digitalisierung im Rahmen von hochschulstrategischen Überlegungen?

Weitere Informationen und Auswertungen aus dem Monitor Digitale Bildung sind auf der Homepage der Bertelsmann Stiftung und auf der Online-Plattform www.digitalisierung-bildung.de zu finden. Eine separate Materialsammlung ergänzt den vorliegenden Bericht um die Forschungsfragen des Monitors Digitale Bildung, eine ausführliche Beschreibung des gesamten Forschungsdesigns, die verwendeten Erhebungsinstrumente und die demografischen Merkmale der Befragten.

Verfasst wurde der Bericht von Dr. Ulrich Schmid (mmb Institut), Dr. Lutz Goertz (mmb Institut), Sabine Radomski (mmb Institut), Sabrina Thom (mmb Institut) und Dr. Julia Behrens (Bertelsmann Stiftung).

Wichtige Ergebnisse

1. Didaktische Potenziale bleiben trotz guter Infrastruktur oft ungenutzt.

Die Befragten bewerten die technische Ausstattung und Infrastruktur zum digitalen Lernen an deutschen Hochschulen überwiegend als gut. Dennoch bleiben die didaktischen Potenziale der Digitalisierung oft ungenutzt. Zwar werden in Lehrveranstaltungen bereits häufig Lernvideos oder Präsentationstools eingesetzt, doch weit weniger soziale Medien oder innovative didaktische Formate wie Inverted Classroom. Viele Studierende nutzen privat digitale Medien schon zum Lernen und wünschen sich auch in der Hochschule einen entsprechenden Methoden-Mix.

2. Hochschulleitungen und Verwaltungsmitarbeitende sehen in der Digitalisierung Lösungen für konkrete Herausforderungen.

Beim Einsatz digitaler Medien dominiert bei den Lehrenden oft noch Skepsis: Mobile Geräte gelten als ablenkend oder störend in der Lehrveranstaltung. Dagegen sehen Hochschulleitungen in der Digitalisierung häufiger schon Lösungsansätze für bestehende Herausforderungen, etwa bei der Umsetzung individualisierten Lernens, beim Umgang mit einer heterogenen Studierendenschaft oder beim Thema Lernerfolgscontrolling.

3. Bei Strategiefragen gibt es zwei Lager: konsequent digitale Verfechter und konsequent analoge Skeptiker.

Viele Befragte sind mit dem aktuellen Status Quo der Digitalisierung der Lehre zufrieden an ihrer Hochschule zufrieden und geben dem Thema insgesamt eine mittlere strategische Bedeutung. Unter Hochschulleitungen und Verwaltungsmitarbeitenden werden jedoch zwei nahezu gleichgroße Lager deutlich: Auf der einen Seite stehen die konsequent digitalen Verfechter, auf der anderen Seite die konsequent analogen Skeptiker, bei denen auch künftig nicht mit einem systematischen Einsatz digitaler Lernmedien zu rechnen ist.

4. (Lehramts-)Studierende sind keine Enthusiasten der Digitalisierung.

Hochschulleitungen und Verwaltungsmitarbeitende setzen auf Lehrende und Studierende als Treiber der Digitalisierung der Lehre. Bei den Lehrenden zeigt sich, dass der Einsatz digitaler Medien in der Lehre von der Eigeninitiative und dem persönlichen Interesse an digitalen Medien abhängig ist. Die Studierenden erweisen sich nicht als enthusiastische Treiber der Digitalisierung. Sie nutzen die digitalen Angebote, die ihnen Lehrende machen. Insbesondere Lehramtsstudierende sind wenig digital-affin: Im Vergleich zu anderen Fächergruppen nutzen sie digitale Medien am wenigsten und zeigen hier auch die geringste Motivation.

5. Beim Umgang mit offenen Lernmaterialien (OER) herrscht unter den Lehrenden Zurückhaltung.

Die Hochschullehrenden bewerten Open Educational Resources (freie Lehr- und Lernmaterialien mit einer offenen Lizenz) ambivalent. Sie sehen zwar die damit verbundenen Potenziale, schöpfen diese aber nicht aus. Große Unsicherheiten bestehen insbesondere in Bezug auf Qualitätsfragen und urheberrechtliche Aspekte. Beim Teilen von Materialien jenseits des persönlichen Umfelds sind die Lehrenden entsprechend zurückhaltend.