Studie

Wie lernen Kinder und Jugendliche heute?

Thema

Einstellungen von Kindern und Jugendlichen zum Lernen

Herausgeberschaft

Deutsche Telekom Stiftung (Hg.)

Erscheinungsort

Bonn/Berlin

Erscheinungsjahr

2020

Stiftungsengagement

Deutsche Telekom Stiftung

Literaturangabe

Deutsche Telekom Stiftung (Hg.): Wie lernen Kinder und Jugendliche heute? Eine repräsentative Befragung von Schülern der Klassen 5 bis 10 und Eltern dieser Altersgruppe, Bonn/Berlin 2020.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Im Mittelpunkt der Studie stehen folgende Fragen:

  • Wie stehen Kinder und Jugendliche zum Thema Lernen und wie gehen sie es an?
  • Was gilt es aus ihrer Sicht zu lernen?
  • Was unterstützt sie dabei, was schränkt sie ein?
  • Welche Rolle spielen Schule, Eltern oder außerschulische Lernorte?

Diesen Fragen ging das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung in einer repräsentativen Umfrage nach. Die Meinungsforscher*innen haben 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren sowie 500 Eltern dieser Altersgruppe befragt. Die mündlich-persönlichen Interviews wurden bis Anfang März 2020 durchgeführt, also noch vor Beginn der durch die Coronapandemie bedingten Schulschließungen.

Wichtige Ergebnisse

Wichtige Ergebnisse der Befragung

Zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen fällt Lernen nach eigenen Angaben leicht. Die Erhebung zeigt aber auch, dass oft weniger aus eigenem Antrieb und oft ohne Freude gelernt wird. Vor allem der Schule gelingt es offensichtlich kaum, zum Lernen zu motivieren. Viele Kinder und Jugendliche verbinden mit dem Lernen in der Schule Pflicht, Zwang und Druck und vermissen Inhalte, die sie interessieren und ihnen fürs Leben nützlich scheinen. Deutlich wird zudem, dass der Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen stark von den Eltern abhängt. Dabei geht es nicht nur um deren Bildungshintergrund, sondern auch u, die Einstellungen zu bestimmten Lerninhalten oder ihren Blick auf Schule und außerschulische Lernorte.

Was bedeutet Lernen für Kinder und Jugendliche?

  • Beim Stichwort „Lernen“ denken Kinder und Jugendliche zuallererst an die Schule: Fast alle Befragten (94 Prozent) nennen „Hausaufgaben machen, sich Schulstoff aneignen“ als die Aktivität, die sie mit Lernen verbinden, 86 Prozent verstehen darunter „in den Schulunterricht gehen“. Mit großem Abstand folgen die Punkte „von den Eltern etwas erklärt bekommen“ (67 Prozent), „sich im Internet informieren“ (55 Prozent) und „Erklärvideos im Internet anschauen“ (53 Prozent). Insgesamt scheint Lernen in den Köpfen von vielen Kindern und Jugendlichen sehr eng mit Schule verknüpft zu sein.
  • Nur jedes dritte befragte Kind hat nach eigenem Bekunden Freude am Lernen für die Schule; knapp zwei Drittel sagen, dass sie „nicht so gerne“ oder „überhaupt nicht gerne“ für die Schule lernen.
  • Die befragten 10- bis 16-Jährigen konnten aus einer Liste von möglichen Assoziationen mit „Lernen“ allgemein die für sie passendsten Begriffe auswählen. Die meisten wählten den Begriff „Konzentration“, auch „Neues erfahren“ erhielt viel Zustimmung. Zwei von drei befragten Kindern und Jugendlichen verbanden mit Lernen „Erfolgserlebnisse“ – hier zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht und die Bildung der Eltern: 71 Prozent der Mädchen und 60 Prozent der Jungen stimmten hier zu. Haben die Eltern Abitur oder studiert, gehören für drei Viertel der Kinder Erfolgserlebnisse zum Lernen, bei Eltern mit geringerem oder ohne Abschluss sagt das nur gut die Hälfte (56 Prozent). „Interessant“ assoziieren 54 Prozent der Befragten mit Lernen. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede nach Geschlecht oder Bildungshintergrund der Eltern: Etwa die Hälfte (51 Prozent) assoziiert mit Lernen „Zwang, Druck“, 44 Prozent verbinden damit „Frust“. Diese negativen Assoziationen nehmen mit dem Alter tendenziell zu und liegen bei den 15-/16-Jährigen schon bei 56 Prozent für „Zwang, Druck“ und 47 Prozent für „Frust“. Nur jeder Vierte dagegen verknüpft mit Lernen „Spaß“ (23 Prozent).
  • Die Kinder und Jugendlichen lernen sehr viel mehr aus abstrakten oder von außen an sie herangetragenen Gründen als um des Lernens und Wissens selbst willen. 78 Prozent lernen, „weil es später für den Beruf wichtig ist“ – sogar von den 10- bis 12-Jährigen stimmen dieser Aussage schon 73 Prozent zu. Knapp dahinter folgt der Grund „für die Schule, weil ich gute Noten möchte“ (74 Prozent). Das Motiv „weil ich mehr über etwas wissen möchte“ belegt mit 64 Prozent Zustimmung Platz drei, allerdings auch hier mit deutlichen Unterschieden nach dem familiären Bildungshintergrund: 73 Prozent der Kinder von Eltern mit Abitur oder Studium wählen diese Antwort, bei Kindern von Eltern mit geringerer Bildung sind nur gut die Hälfte dieser Meinung (55 Prozent). 59 Prozent aller Befragten lernen wiederum, „weil ich muss“ und 54 Prozent „weil es meinen Eltern wichtig ist“.

Was gilt es aus Sicht der Kinder und Jugendlichen zu lernen?

Eigenverantwortliches, selbstständiges Lernen:

Für die meisten Befragten scheint Lernen noch bedeutsam zu sein. Dem Satz „Im Internet bekommt man heute alle Informationen, die man benötigt und wissen möchte. Da ist es nicht mehr so wichtig, selbst zu lernen.“ stimmte nur ein Viertel zu. Ein Fünftel war in dieser Frage unentschieden und mehr als die Hälfte (56 Prozent) lehnte die Aussage komplett ab. Eltern sind noch häufiger dieser Ansicht: 80 Prozent lehnten die Aussage ab, 8 Prozent stimmten ihr zu.

Wichtige Kompetenzen:

Die Kinder und Jugendlichen konnten insgesamt aus 20 Kompetenzen auswählen (von Sprache über MINT-Fächer bis hin zu Medienkompetenz und überfachlichen Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Kreativität oder kritisches Denken).

  • Auf Rang eins der „besonders wichtigen“ Kompetenzen sahen die befragten Kinder und Jugendlichen Rechtschreibung und Grammatik (66 Prozent), gefolgt vom Umgang mit digitalen Medien und Englischkenntnissen (beide 59 Prozent).
  • Mathematik halten 44 Prozent für „besonders wichtig“ – diese Kompetenz befindet sich damit im Mittelfeld aller bewerteten Kompetenzen.
  • „Programmieren“ finden nur 35 Prozent „wichtig“, knapp zwei Drittel „weniger wichtig“.
  • Wenig Zustimmung erhalten die Naturwissenschaften: Nur ein Viertel der Schülerinnen und Schüler hält diese für „besonders wichtig“, 51 Prozent finden diese Fächer „auch noch wichtig“.
  • Ähnlich niedrige Werte ergeben sich für die Kompetenz „Informationen aus Medien beurteilen“. Während die reine Bedienkompetenz, also der Umgang mit Computer etc., offenbar als äußerst wichtig gilt, scheint es weniger wichtig zu sein, mit den Inhalten kompetent umgehen zu können. Die Autor*innen der Studie sehen hier ein gefährliches Vermittlungsdefizit. Nicht nur Elternhaus und Gesellschaft, sondern vor allem auch Schule sei gefordert, Kindern und Jugendlichen die Bedeutung von Nachrichten- und Quellenkompetenz und die dafür notwendigen Fertigkeiten zu vermitteln. Das Ziel sollte sein, digital mündige Bürgerinnen und Bürger auszubilden.
  • Ausgewählte überfachliche Kompetenzen bewerten die 10- bis 16-Jährigen unterschiedlich: Recht weit oben in der Rangliste findet sich kritisches Denken (53 Prozent), gefolgt von Teamfähigkeit (44 Prozent) und Kreativität (39 Prozent Zustimmung).

Welche Kompetenzen sind aus Sicht der Eltern wichtig?

  • Die befragten Eltern messen vielen Kompetenzen ähnliche Bedeutung bei wie die Kinder und Jugendlichen.
  • Die Mehrheit der Eltern (80 Prozent) schätzt Rechtschreibung und Grammatik als am wichtigsten ein.
  • Bei den MINT-Fächern halten 47 Prozent der Eltern Mathematik für besonders wichtig (Kinder: 44 Prozent).
  • Naturwissenschaftliche Kenntnisse finden 29 Prozent der Eltern wichtig (Kinder: 25 Prozent).

Welches Bild von Schule zeigt sich bei den Eltern?

  • Eltern schreiben Schule in hohem Maße die Vermittlung von Fachwissen zu – Mathematik, Sprachen, Programmieren.
  • Die Vermittlung von überfachlichen Kompetenzen sehen die meisten Eltern als eine Verantwortung, die sie mit der Schule teilen. Ein Teil sieht sich sogar allein in der Pflicht: So sagt etwa jeweils ein Viertel, es sei Sache der Eltern, ihren Kindern Quellenkompetenz, das Vertreten einer eigenen Meinung und kritisches Denken zu vermitteln. Das steht in Kontrast zur Tatsache, dass überfachliche Kompetenzen laut Bildungsstandards gerade in der Schule und somit professionell gelehrt werden sollen. Das Bild vieler Eltern ist offenbar ein deutlich anderes – ein äußerst traditionelles Bild von Schule.
  • Dazu passen die vorrangigen Aktivitäten der Eltern zur Unterstützung ihrer Kinder: 68 Prozent achten darauf, dass die Hausaufgaben gemacht werden. 67 Prozent fragen ihre Kinder vor Klassenarbeiten ab, und 65 Prozent helfen bei den Hausaufgaben.

Was würden die Kinder und Jugendlichen gerne lernen?

  • Kinder und Jugendliche wünschen sich vor allem lebensweltnahe Inhalte im Schulunterricht. In einer offenen Abfrage, was sie in der Schule gerne zusätzlich lernen würden, setzten die Kinder und Jugendlichen vor allem lebenspraktische Themen auf die Wunschliste (18 Prozent), etwa Kochen, Backen und gesunde Ernährung, handwerkliche Tätigkeiten oder das Anfertigen einer Steuererklärung. Mit dem Alter nimmt der Wunsch nach alltagsnahen Inhalten deutlich zu: von 11 Prozent unter den 10- bis 12-Jährigen bis zu 26 Prozent bei den 15-/16-Jährigen.
  • Auf Platz zwei der gewünschten Themen finden sich Umweltthemen bzw. der Klimawandel (9 Prozent), gefolgt von „mehr Sport“ (8 Prozent).
  • Es zeigen sich teils große Unterschiede in den Interessen von Mädchen und Jungen: Für Mädchen stehen die Themen Tiere und Mode/Kosmetik ganz weit oben, dagegen interessieren sich Jungen vor allem für Computerspiele und Sport. Recht nah beieinander liegen sie dagegen in ihrem Interesse für Filme/Serien, auch Musik spielt für beide Geschlechter eine große Rolle. Politik rangiert für Jungen wie Mädchen dagegen weit hinten.

Wie lernen Kinder und Jugendliche (gerne)?

  • Selbstbestimmung spielt für Kinder und Jugendliche eine wichtige Rolle beim Lernen: 85 Prozent geben an, in ihrer Freizeit gerne zu lernen und 61 Prozent sagen: „Mir fällt es leichter, etwas zu lernen, das ich mir selbst ausgesucht habe, als etwas, das ich lernen muss.“ Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob Kinder und Jugendliche in der Schule Mitspracherechte haben oder nicht. Die Meinung, die Lehrkraft solle festlegen, was und wie gelernt wird, findet in beiden Gruppen nur wenig Befürwortung (23 Prozent).
  • Wichtige Rolle und positive Effekte von Mitbestimmungsmöglichkeiten: 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, im Unterricht über Themen oder Art der Bearbeitung mitentscheiden zu können. Bei ihnen sind positive Assoziationen zum Begriff „Lernen“ deutlich häufiger als bei Altersgenossen ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten, darunter „Erfolgserlebnisse“ oder „Spaß“; negative Assoziationen wie „Zwang, Druck“ oder „Frust“ sind dagegen schwächer. Auch lernen Kinder und Jugendliche mit mehr Mitsprachemöglichkeiten stärker aus eigener Motivation heraus, etwa „weil ich mehr über etwas wissen möchte“ (74 Prozent gegenüber 56 Prozent der Kinder ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten) oder „weil es mir Spaß macht“.  Auch bei den Lerngewohnheiten und -vorlieben sprechen die Zahlen nach Ansicht der Autor*innen dafür, in der (Schul-)Praxis mehr Mitbestimmung zu ermöglichen. So fällt Schülerinnen und Schülern mit Mitbestimmungsmöglichkeiten das Lernen tendenziell leichter: 71 Prozent sagen, sie lernten „eher leicht“ bis „sehr leicht“ (gegenüber 59 Prozent unter Schülerinnen und Schülern ohne Mitbestimmung). Sie haben eine höhere Affinität zu eigenständigem Lernen und offenbar auch ein positiveres Verhältnis zu ihren Lehrkräften: 29 Prozent sehen diese als Lernunterstützer*innen (gegenüber 15 Prozent der Schüler*innen ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten), 47 Prozent schätzen Lehrkräfte als Anlaufstelle, wenn sie Informationen suchen (gegenüber 37 Prozent bei fehlender Mitbestimmung).
  • Gute Mischung aus digital und analog: Weniger als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (41 Prozent) geben an, lieber digital zu lernen. 30 Prozent bevorzugen Bücher, Papier und Stift; fast ebenso viele haben keine Präferenz. Hier zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Mädchen tendieren leicht mehr zum Analogen (37 Prozent) als zum Digitalen (32 Prozent), während Jungen deutlicher den Computer bevorzugen (49 Prozent) und weniger Papier und Stift (23 Prozent). Mit dem Alter gewinnt das Digitale an Attraktivität: von 35 Prozent Zustimmung bei den 10- bis 12-Jährigen auf 45 Prozent bei den 15- bis 16-Jährigen. Darüber hinaus zeigt sich die große Rolle der digitalen Medien für Kinder und Jugendliche: Zu ihren bevorzugten Informationsquellen für Themen, die sie interessieren, rangieren – nach Eltern und neben Freundeskreis und Mitschüler*innen – diverse Onlineangebote weit vorne: Internetseiten, die sich mit dem Thema beschäftigen (71 Prozent), Google (65 Prozent), YouTube (56 Prozent) und Wikipedia (55 Prozent). Für alle Bereiche steigen die Werte mit zunehmendem Alter der Befragten. Gleiches gilt für Influencer*innen in den sozialen Medien: Während unter den 10- bis 12-Jährigen jeder Zehnte sich bei ihnen zu persönlich relevanten Themen informiert, ist es bei den 15-/16-Jährigen schon jeder Fünfte.
  • Bevorzugte Online-Medien: Sind Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit online, spielen sie am liebsten Spiele (75 Prozent), schauen Unterhaltungsvideos (74 Prozent) oder chatten mit Freunden und Freundinnen (73 Prozent). Lernbezogene Aktivitäten treten demgegenüber deutlich zurück: 53 Prozent schauen Erklärvideos, 37 Prozent informieren sich oder tauschen sich über Hobbies aus und 20 Prozent lesen aktuelle Nachrichten. Wenn Kinder und Jugendliche gemeinsam mit Klassenkamerad*innen oder Freund*innen lernen, treffen sie sich vor allem persönlich (58 Prozent). 32 Prozent tauschen sich über Apps aus, wobei dies zwischen den Altersgruppen 10- bis 12-Jährige und 13-/14-Jährige zunimmt: von 22 auf 37 Prozent. Die Nutzung von WhatsApp etc. ist für viele Kinder und Jugendliche also auch zum Lernen selbstverständlich.
  • Potenziale der außerschulischen Lernorte: Im Alltag der Kinder und Jugendlichen spielen außerschulische Lernorte nur eine vergleichsweise geringe Rolle. 35 Prozent sind in einem Verein, einer AG oder Jugendgruppe aktiv; Kinder von Eltern mit höherer Bildung aber deutlich häufiger (41 Prozent) als Kinder von Eltern mit niedrigem oder mittlerem Bildungsabschluss (30 Prozent). Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit und Bibliotheken nutzen gerade einmal 14 Prozent, in Museen oder gar zu Makerspaces gehen noch weniger (5 bzw. 2 Prozent). Dabei messen Eltern diesen außerschulischen Angeboten hohe Bedeutung vor allem für die Entwicklung sozialer und überfachlicher Kompetenzen bei: Teamfähigkeit (84 Prozent), Ideen entwickeln, kreativ sein (72 Prozent), Hilfsbereitschaft (70 Prozent). So bleiben große Potenziale – zur Förderung dieser oder auch anderer Kompetenzen und letztlich der Freude am Lernen – in weiten Teilen ungenutzt.
  • Bedeutende Rolle der Eltern: Für 67 Prozent der 10- bis 16-Jährigen heißt Lernen „von den Eltern etwas erklärt bekommen“; von den Eltern sagen das 80 Prozent. Eltern und andere Erwachsene sind auch die bevorzugte Informationsquelle bei schulischen oder anderen interessanten Themen. Mit dem Alter nimmt die Bedeutung der Eltern hier zwar ab, bleibt aber auf hohem Niveau (65 Prozent). Auch als Helfende beim Lernen landen die Eltern mit 73 Prozent auf Platz eins – vor Freunden und Freundinnen (40 Prozent) und Lehrkräften aus der Schule sowie Geschwistern (beide 21 Prozent). Selbst bei den 15-/16-Jährigen liegen sie hier mit immerhin 58 Prozent Zustimmung noch vor den Freundinnen und Freunden (51 Prozent). Darüber hinausgehenden Unterstützungsbedarf durch ihre Eltern haben nach eigenen Angaben nur wenige. Allein Kinder und Jugendliche von Eltern mit einfachem und mittlerem Bildungsabschluss wünschen sich häufiger mehr Unterstützung (18 Prozent Zustimmung gegenüber 9 Prozent bei denjenigen von Eltern mit Studium oder Abitur). Um ihre Kinder zu fördern, setzen alle Eltern vor allem bei Schulischem an. Eltern mit höherer Bildung unterstützen ihre Kinder allerdings deutlich stärker darüber hinaus, etwa musikalisch, kulturell oder darin, kreativ zu sein oder sich per Medien zu informieren. Sie achten auch stärker darauf, eine gute Schule auszuwählen – dies ist für 54 Prozent von ihnen relevant gegenüber 34 Prozent der Eltern mit niedrigeren Abschlüssen.
  • Art der Förderung/Unterstützung: Während drei von vier Eltern mit höheren Abschlüssen sagen: „Ich kann so fördern, wie ich möchte“, ist es unter denjenigen mit geringerer Bildung gerade einmal die Hälfte. Deutlich stärker als höhergebildeten Eltern fehlt ihnen für die Unterstützung die Zeit (37 Prozent), sind sie häufig selbst mit dem Schulstoff überfordert (41 Prozent) oder schlicht unsicher, wie sie ihre Kinder am besten fördern sollen (27 Prozent).

Schlussfolgerungen

Die Telekom Stiftung leitet aus den Ergebnissen der Studie folgende Schlussfolgerungen ab:

  • Schule sei zwar der zentrale Lernort, aber offenbar nicht der Ort, an dem Kinder und Jugendliche besonders gern lernen. Damit junge Menschen sich mit Begeisterung Wissen und Kompetenzen aneignen, bräuchte es möglichst vielfältige, motivierende Lerngelegenheiten. Hier müsse Schule von anderen Bildungsakteuren lernen, etwa der Kinder- und Jugendarbeit mit ihren besonderen pädagogischen Prinzipien und Angeboten. Dazu gehöre auch, jungen Menschen selbst mehr Verantwortung zu geben.
  • Die Umfrageergebnisse stützten die Annahme, dass sich schon geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten positiv auf die Haltung zum Lernen und das Lernverhalten auswirken – und das unabhängig davon, welche Schule Kinder und Jugendliche besuchen. Es gebe viele Faktoren, die das Lernen und die Motivation dazu beeinflussen. Doch belege die Umfrage erneut große Unterschiede zwischen den Geschlechtern und zeige auch die bedeutende Rolle der elterlichen Bildung. Auf diese Aspekte lasse sich jedoch nur indirekt einwirken. Mitbestimmung dagegen, so gering sie auch sein mag, erscheine als effektiver Hebel für besseres Lernen und verdiene deshalb besondere Beachtung.
  • In verschiedenen Antworten der befragten Eltern werde ein sehr traditionelles Bild vom Lernen deutlich. Dieses Bild sei sicherlich zu einem erheblichen Teil auf ihre realen Eindrücke ihrer Erfahrungen und Erlebnisse mit Schule zurückzuführen.
  • Die Telekom-Stiftung sieht Schulen in der Pflicht, überfachliche Kompetenzen viel stärker als ihre Aufgabe zu begreifen und im Unterricht zu verankern – so, wie es in den Bildungsstandards ohnehin längst formuliert sei. Letztlich gehe es aber um noch mehr: nämlich die Neukonzeption und -organisation von Schule insgesamt. Es sollten alle Aspekte der Schule hinterfragt werden:  von der Unterrichtsgestaltung über die Rolle von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften bis hin zur Schularchitektur. Nur dann könne Schule den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden.
  • Die Befragung zeigte auch eine große Bedeutung der Eltern als Unterstützende beim Lernen. Das sei einerseits erfreulich, andererseits aber auch – unter dem Blickwinkel der Chancengerechtigkeit – bedenklich. Kinder, die von ihren Eltern kaum oder keine Hilfe bekommen können, hätten damit schlechte Voraussetzungen.
  • Die Telekom-Stiftung sieht sich angesichts der Studienergebnisse in ihrem strategischen Ansatz bestärkt: Um allen Kindern und Jugendlichen, auch denjenigen aus bildungsferneren Familien, möglichst gute Rahmenbedingungen zu bieten, müsse man umfassender denken. Ein notwendiger Schritt sei es, Lernen in einem umfassenden Bildungs-Ökosystem zu begreifen und zu organisieren: Es sollte ein Zusammenspiel von schulischen und außerschulischen Bildungsakteuren erreicht werden, in dem jeder seine Besonderheiten und Stärken für die Bildung von Kindern und Jugendlichen einbringt und alle auch voneinander lernen. Dies gelte auch und vor allem für Schule. Jedem Kind und Jugendlichen sollten individuelle Lerngelegenheiten geboten werden. Die unterschiedlichsten pädagogischen Professionen sollten zusammenarbeiten, für Kinder und Jugendliche – aber vor allem: mit den Kindern und Jugendlichen.