Studie

Zur Situation der Fachdidaktiken der MINT-Fächer in Deutschland

Thema

Fachdidaktiken der MINT-Fächer

Herausgeberschaft

Deutsche Telekom Stiftung

Autoren/Autorinnen

Bernd Ralle/Bettina Seipp

Erscheinungsort

Bonn

Erscheinungsjahr

2015

Stiftungsengagement

Deutsche Telekom Stiftung

Literaturangabe

Bernd Ralle/Bettina Seipp: Zur Situation der Fachdidaktiken der MINT-Fächer in Deutschland. Ergebnisse einer empirischen Erhebung. Hrsg. v. Deutsche Telekom Stiftung. Bonn 2015.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Angestrebt wird, über die Befragung von Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktikern der MINT-Fächer und die Publikation der Ergebnisse ein „Monitoring MINT-Fachdidaktik“ zu etablieren. Die vorliegende Studie und weitere Erhebungen sollen dazu dienen, Erkenntnisse über die Sichtbarkeit und Wahrnehmung fachdidaktischer Disziplinen der MINT-Fächer in den Hochschulen in Deutschland – und insbesondere in der Lehrerbildung – zu gewinnen.

Zu Beginn des Jahres 2014 erhielten 413 MINT-Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker der Fächer Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Physik, Geografie, Sachunterricht, Technik in allen lehrerbildenden Hochschulen in Deutschland einen Fragebogen (auswertbarer Rücklauf 45,8 Prozent). Zum Vergleich wurde eine zufällige Auswahl von 100 Fachdidaktikerinnen und -didaktikern aus Nicht-MINT-Fächern als Kontrollgruppe befragt (Rücklauf 50 Prozent).

Es wurden geschlossene und offene Fragen zu neun Bereichen gestellt:

  1. zur Person und zu ihrer fachlichen und organisatorischen Einbettung,
  2. zur Akzeptanz/Wahrnehmung ihrer Disziplin in Fakultät und Hochschule (Einordnung der Fachdidaktik in Forschung und Lehre, Konsequenzen aus der Bologna-Reform für die Fachdidaktiken, Nachwuchssituation),
  3. zur Forschung in den Fachdidaktiken,
  4. zur Kultur der Forschungskooperation,
  5. zur Akzeptanz und Sichtbarkeit der fachdidaktischen Forschung,
  6. zur Fortbildung von Lehrkräften,
  7. zur Theorie-Praxis-Ausbildung,
  8. zur Thematik der Quer- und Seiteneinsteiger,
  9. zum Verhältnis zur Bildungsadministration.

In den Bereichen wurden durchgehend Subgruppen geprüft: nach Geschlecht, Amtszeit, Bundesland, MINT-Fächer, Denomination, Zugehörigkeit (MINT versus Gesellschaftswissenschaften).

Wichtige Ergebnisse

Ein wesentliches Ergebnis der Studie lautet, dass in der MINT-Fachdidaktik in Deutschland seit einigen Jahren eine positive Entwicklung zu verzeichnen ist. Die Sensibilität für die Belange der Lehrerbildung seien gestiegen und die Hochschulen widmeten sich stärker der Fachdidaktik. Eine Reihe von Verordnungsvorgaben im Bund (KMK) und in den Ländern hätten die Lehrerbildung und insbesondere die Fachdidaktiken vorteilhaft befördert. Auch sei eine starke Nachfrage nach fachdidaktisch geschulten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den MINT-Fächern festzustellen.

In Bezug auf die Verankerung und Wahrnehmung der Fachdidaktiken in den Hochschulen ergibt die Befragung lediglich geringe Unterschiede zwischen den Fächern.

Deutlich wird jedoch, dass für die Fachdidaktiken dringend eine strukturierte und nachhaltige Nachwuchsförderung notwendig ist.

Die Konsequenzen der Bologna-Reform auf die MINT-Fachdidaktiken werden von den befragten Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktikern differenziert bewertet. Einerseits wird die Reform für die Fachdidaktiken als vorteilhaft eingeschätzt, was sich unter anderem in einer verbesserten Personalausstattung zeigt. Andererseits wird betont, dass sich die Strukturreform auf inhaltliche, hochschuldidaktische und curriculare Aspekte eher negativ ausgewirkt hat und zentrale Elemente wie der Polyvalenzanspruch (Verwendbarkeit eines Abschlusses in verschiedenen Berufs- und Ausbildungszusammenhängen) oder die Bachelor/Master-Aufteilung für die Lehrerbildung wieder rückgängig gemacht werden sollte.

Die Stärkung der Zentren für Lehrerbildung (beispielsweise Schools of Education), die in den letzten zehn Jahren in den meisten Bundesländern gesetzlich vorgenommen wurde, hat bei den Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktikern offenbar nicht dazu geführt, ihre Fakultät zu verlassen und vollständig in solche wissenschaftlichen Einrichtungen zu wechseln. Die Zentren werden aber als bedeutsam für die Lehrerbildung angesehen.

Im Hinblick auf die fachliche und fachübergreifende Kooperation sowie die Kooperationsbereitschaft sehen die Befragten in der Fachdidaktik noch Nachholbedarf, insbesondere bei der internationalen Zusammenarbeit. Hier deutet sich bei der jüngeren Generation ein Wandel an.

In Fragen der Forschungskultur zeigen sich übergreifend einige (bekannte) Defizite, die auch die Praxis der Drittmitteleinwerbung betreffen. Zudem wird deutlich, dass sich die Fachdidaktiken tendenziell qualitativen empirischen Forschungsmethoden zuwenden.

Im Bereich Fortbildung wird deutlich, dass die Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker deutlich mehr Entgegenkommen von der Schuladministration und von ihrer Hochschule erwarten.

Insgesamt entstehe der Eindruck, so die Autoren, dass die Fachdidaktiken an den Hochschulen vor vergleichbaren Anforderungen stehen, die nur geringe Unterschiede zwischen den Bundesländern und den Einzelfächern aufweisen. Auch seien die von den Kolleginnen und Kollegen in den MINT-Fächern und in den Nicht-MINT-Fächern wahrgenommenen Ansprüche an die Fachdidaktik vonseiten der Hochschulen und der Schulen durchaus vergleichbar und zeigten nur geringe Differenzen.