Studie mit Handlungsempfehlungen

Zusammen. Zuwanderung und Schule gestalten

Thema

Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in das Schulsystem

Herausgeberschaft

RuhrFutur (Hrsg.)

Autoren/Autorinnen

Karen Dietrich/Daniel Laprell/Barbara Bosch/Haris Kondza/Tim Terhorst/Anja Gesthüsen/Ina Leyendecker/Meliha Özdemir, Beatrix Peschke/Siena Dirsch/Heike Wolf/Katrin Kaiser/Ina Lammers/Julia Plainer/Holger Rinn

Erscheinungsort

Essen

Erscheinungsjahr

2018

Stiftungsengagement

Stiftung Mercator, Haniel Stiftung

Literaturangabe

RuhrFutur (Hrsg.): Zusammen. Zuwanderung und Schule gestalten. Modellvorhaben zur Integration von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in das Bildungssystem. Essen 2018.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Das Projekt „Zusammen. Zuwanderung und Schule gestalten“ wurde gemeinsam von der Stadt Duisburg und der RuhrFutur gGmbH in Kooperation mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen (seit Juni 2017 Ministerium für Schule und Bildung NRW) durchgeführt und von der Stiftung Mercator gefördert. Eine Spende der Haniel Stiftung ermöglichte eine adäquate Ausstattung der Klassenräume der am Projekt beteiligten Modellschulen. Die Praxisphase des Projekts fand von 2015 bis 2017 statt und wurde vom Institut für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache der Universität Duisburg-Essen wissenschaftlich begleitet. Das Projekt war Teil des integrationspolitischen Prozesses der Stadt Duisburg und strategisch sowie inhaltlich in das Kommunale Integrationskonzept eingebunden. Die Stiftung Mercator finanzierte auch die Publikation.

Hintergrund ist, dass in Duisburg ca. 180.000 Menschen eine Zuwanderungsgeschichte haben, was mehr als einem Drittel der Stadtbevölkerung entspricht. In Duisburg leben Menschen aus 163 Nationen. Seit 2015 ist der Anteil der ausländischen Bevölkerung gestiegen, was sich auch an der Entwicklung der Schülerinnen- und Schülerzahlen in den Internationalen Vorbereitungsklassen der Duisburger Schulen zeigt. Der Anteil neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler hat sowohl in den Grundschulen als auch in den weiterführenden Schulen zugenommen. Ihre Integration hat somit große Bedeutung.

Eine erfolgreiche Bildungslaufbahn kann als Schlüssel für die Teilhabe an zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens betrachtet werden. Die Stiftung Mercator setzt sich dafür ein, Bildungsungleichheiten zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte zu verringern. Aus diesem Grund hat sie das Integrationsprojekt „Zusammen. Zuwanderung und Schule gestalten“ ins Leben gerufen und sich an der Durchführung auf verschiedene Weise beteiligt.

Mit dem Projekt wurde das Ziel verfolgt, jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die bislang nur wenig oder noch keine Schulerfahrung haben, den Einstieg in das deutsche Schulsystem zu erleichtern. Die Integration von rund 70 neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen mit geringer Schulerfahrung sollte durch die Kooperation verschiedener Fachleute und Professionen unterstützt werden. Deshalb wurde in Multiprofessionellen Teams gearbeitet, die in vier Duisburger Modellklassen die Kinder dabei unterstützten, die deutsche Sprache systematisch zu erlernen, sich im Schulalltag und im Stadtteil zurechtzufinden, sich aktiv am Unterricht und anderen schulischen Angeboten zu beteiligen und sich auf den Übergang in die Regelklassen vorzubereiten. Hinzu kam eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern. Durch den gezielten Aufbau von Bildungspartnerschaften sollten die Fachkräfte den Kindern und ihren Eltern bei der schulischen wie außerschulischen Integration helfen.

Wichtige Ergebnisse

1. Themenbereich Spracherwerb

Zentrale Ziele der Unterrichts-/Projektplanung:

  • Qualitätsverbesserung und Systematisierung des DaZ-Unterrichts
  • Individualisierender Unterricht und Methodenvielfalt
  • Sensibilisierung für und Wertschätzung der Mehrsprachigkeit

Ergebnisse/Dokumentation:

  • Beispielhafte Unterrichtseinheiten, basierend auf curricularen Bausteinen für DaZ-Material
  • Portfolio zur Diagnostik der individuellen Sprachentwicklung und -biografie sowie Leitfaden für den Einsatz
  • Wissenschaftliche Auswertung des Spracherwerbs einzelner Schülerinnen und Schüler mit diagnostischen Verfahren
  • Fortbildungskonzept (bezieht sich auf alle Themenbereiche)

2. Themenbereich Soziale Integration

Zentrale Ziele der Unterrichts-/Projektplanung:

  • Verbesserung des Arbeits-und Sozialverhaltens
  • Integration in die Schulgemeinschaft
  • Verbesserung der Lernvoraussetzungen, Linderung sozialer Problemlagen

Ergebnisse/Dokumentation:

  • Instrument zur Erhebung der Ausgangslage/Grunddaten
  • Beispielhafte (Unterrichts-)Projekte „Sozialkompetenz“
  • Instrument zur Beoachtung der sozialen Entwicklung

3. Themenbereich Zusammenarbeit mit Eltern

Zentrale Ziele der Unterrichts-/Projektplanung:

  • Aufbau einer vertrauensbasierten (Zusammen-)Arbeit und Willkommenskultur
  • Verbesserung des Zugangs zu Eltern und der Kooperation mit Eltern im Alltag
  • Unterstützung in der Erziehungskompetenz der Eltern

Ergebnisse/Dokumentation:

  • Mehrsprachige Elternbriefe und Vorlagen
  • Leitfaden mit Hintergrundinformationen zur Zielgruppe
  • Beschreibung beispielhafter Maßnahmen anlassbezogener und aufsuchender Elternarbeit

Pädagogisches Konzept Multiprofessioneller Teams für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler

Die Multiprofessionellen Teams setzten sich aus Lehrkräften der Internationalen Vorbereitungsklassen mit der Qualifikation Deutsch als Zweitsprache (DaZ), sozialpädagogischen Fachkräften und Interkulturellen Beraterinnen und Beratern der Stadt Duisburg zusammen. Ergänzt wurden die Teams durch Teach First Fellows und Lehramtsstudierende der Universität Duisburg-Essen.

Am Anfang wurde ein „Wir-Gefühl“ aller Beteiligten im Team hergestellt, basierend auf einer gemeinsamen Verantwortung für die Kinder und Eltern an der Schule, einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe, gegenseitiger Wertschätzung und dem Zusammenwachsen zu einem kreativen Team. Dann konzipierten die Fachkräfte gemeinsam Unterrichtsstunden, Projekte, Arbeitsgruppen und Angebote für Eltern. Dabei erarbeiteten sie auch Materialien, die ein individuelles Eingehen auf die Bedarfe und Fähigkeiten der Kinder ermöglichen.

Das pädagogische Konzept der Multiprofessionellen Teams beinhaltet transferfähige Methoden und Beispiele für praktische Vorgehensweisen. Als wichtig wird erachtet, dass das Konzept der Multiprofessionellen Teams nicht separat, sondern als Teil des Schulprogramms betrachtet wird. Die Arbeit der Teams mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen sollte als dauerhafter Prozess angelegt werden, der regelmäßig evaluiert und weiterentwickelt werden sollte.

Erfolgsfaktoren Multiprofessioneller Teams in der Arbeit mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern

  • Gleich zu Beginn sollten die Aufgabenprofile klar definiert und innerhalb des Kollegiums der Lehrkräfte kommuniziert werden.
  • Es ist förderlich, wenn sich fachliche und persönliche Kompetenzen bei der Teamzusammensetzung ergänzen.
  • Vorteilhaft ist, wenn sich alle Teammitglieder für die schulische und außerschulische Integration der neu zugewanderten Kinder gleichermaßen verantwortlich fühlen.
  • Am Anfang des Teamentwicklungsprozesses sollten Haltungsfragen zu Themen wie interkulturelles Arbeiten, Umgang mit Vielfalt und Inklusion diskutiert werden. Dabei sollten übereinstimmende und unterschiedliche Auffassungen herausgearbeitet und respektiert werden.
  • Die Fachkräfte sollten sich – ihrem professionellen Profil entsprechend – positionieren und gleichzeitig offen für ein neues Verständnis multiprofessioneller Teamarbeit sein.

Das eigene Handeln sollte immer wieder reflektiert und das Konzept kontinuierlich weiterentwickelt werden.