Hochschulautonomie
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Thema
Hochschulautonomie
Herausgeberschaft
Konrad-Adenauer-Stiftung
Erscheinungsort
Berlin/Sankt Augustin
Erscheinungsjahr
2017
Stiftungsengagement
Konrad-Adenauer-Stiftung
Literaturangabe
Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.): Hochschulautonomie. Von staatlichen Anstalten zu freien und Freiheit gewährenden Hochschulen. Berlin/Sankt Augustin 2017.
Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise
Im Rahmen eines wissenschaftspolitischen Gesprächskreises („Wissenschaftsnetzwerk“), der von der Konrad-Adenauer-Stiftung initiiert wurde, haben Akteure aus Wissenschaft und Politik Thesen zur Hochschulautonomie entwickelt.
Ansatzpunkt ist das Autonomiepostulat der Wissenschaft: Wissenschaft könne der Wahrheitssuche nur im Status von Unabhängigkeit und Freiheit dienen. Die Freiheit von Forschung und Lehre beziehe sich nach den Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 3 GG zwar in erster Linie auf den einzelnen Wissenschaftler und die einzelne Wissenschaftlerin, doch sei Wissenschaft ohne die konstitutive Freiheit der Institution Hochschule nicht zu gewährleisten.
Wichtige Ergebnisse
Das Wissenschaftsnetzwerk formuliert zehn Thesen:
These 1:
Fest stehe, dass die großen Herausforderungen der Menschheit nur mit mehr Wissenschaft gelöst werden können. Hier hätten die Hochschulen als Organisationszentren der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium eine besonders große Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Dies könne auch den Verzicht auf Forschung bedeuten, wenn es ethisch geboten ist. Folgende Werte würden der Wissenschaft Grenzen setzen: die Würde des Menschen, die Verantwortung für künftige Generationen, die Verantwortung für die Schöpfung und der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen.
These 2:
Damit Hochschulen ihre Leistungsfähigkeit sichern und ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen können (zum Beispiel steigende Erwartungen der Gesellschaft, institutionelle Profilbildung, mehr Studierende mit unterschiedlichen Voraussetzungen), benötigten sie mehr Handlungsfreiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb seien Kompetenzverschiebungen zugunsten einer größeren Autonomie der Hochschulen notwendig. Hochschulen sollten selbstständige rechtsfähige Einrichtungen sein.
Ministerien und Verwaltungen sollten sich auf Instrumente der Globalsteuerung (Hochschulverträge, langfristige Zielvereinbarungen und Globalhaushalte) und auf die Rechtsaufsicht beschränken. Der Landesgesetzgeber sollte mit den Hochschulen die Globalhaushalte verhandeln und damit die grundlegenden hochschulpolitischen Ziele vereinbaren, etwa die Zahl der Studienplätze als Richtgröße, Wissens- und Wissenschaftsbereiche oder Gleichstellungspläne. Im Zuge dessen sollten auch Sondervereinbarungen zu Vorschlägen der Hochschulen im Hinblick auf individuelle Ziele getroffen werden, etwa in Bezug auf die Exzellenzstrategie, internationaler und regionaler Verankerung, grenzüberschreitender Kooperationen.
These 3:
Das Satzungsrecht der Hochschulen sollte im Sinne des Autonomiegedankens weiter gestärkt werden. In der Hochschulsatzung sollten Aufgaben und Funktionen zwischen den verschiedenen Entscheidungsebenen und die Entscheidungsfindungsverfahren so festgelegt werden, dass die Entscheidungsbefugnis der Leitungsebenen nicht durch die Mitbestimmung der Gremien beeinträchtigt wird.
These 4:
Hochschulautonomie benötige vor allem Planungssicherheit in finanzieller und strategischer Hinsicht. Die Länder müssten deshalb auf Dauer angelegte gesetzliche Regelungen und langfristige Zuschuss- und Zielvereinbarungen festlegen. Von zentraler Bedeutung sei eine bedarfsgerechte Finanzausstattung der Hochschulen. Bei der Zuweisung von Globalbudgets sollte die Stellenplanbindung entfallen. Bei einer Drei-Säulen-Finanzierung (Grund-, Leistungs- und Innovationsbudget) sei eine strikte Trennung zu gewährleisten: Budgets für innovative Projekte müssten zusätzlich gewährt werden, ohne die notwendigen Mittel für die Grundaufgaben zu schmälern.
Zur Autonomie gehöre auch, Liegenschaften und Infrastrukturen an die Hochschulen zu übertragen. Bei entsprechender Größe und Leistungsfähigkeit der Hochschulen schließe dies die Übertragung der Bauherreneigenschaft ein. Die bedarfsgerechte Finanzierung der Bauvorhaben (Modernisierung, Sanierung und Neubau) und der notwendigen Ausgaben für den Bauunterhalt sei über langfristige Vereinbarungen sicherzustellen. Den Hochschulen sollte zur Finanzierung von strategischen Investitionen auch die Möglichkeit zur beschränkten Aufnahme von Krediten bzw. alternativen Finanzierungsmethoden eingeräumt werden.
These 5:
Freiräume der Hochschulleitung in personellen Fragen seien für die Hochschulautonomie elementar. Deshalb sollten Berufungen und Ernennungen durch die Hochschulleitungen erfolgen, zudem sei Flexibilität bei Berufungsverfahren und bei der Entwicklung des wissenschaftlichen Personals sicherzustellen, etwa durch die Verankerung von Tenure-Track-Regelungen, Möglichkeiten zur Beschleunigung von Berufungsverfahren und qualitätsgesicherte Verfahren für Berufungen ohne Ausschreibung. Auch müssten Hochschulen stärker als bisher die Studierendenauswahl selbst vornehmen können. Die Auswahl von wissenschaftlichem Personal und Studierenden sei in enger Abstimmung mit den Fachbereichen oder Fakultäten zu treffen, doch sollte die Hochschulleitung zuständig und letztverantwortlich sein.
These 6:
Notwendig sei eine Professionalisierung auf allen Ebenen – von der Hochschulleitung über die Fachbereichsebene bis zur Institutsebene. Auch in der zweiten Leitungsebene brauche es professionelles Leitungspersonal, zum Beispiel hauptberufliche Dekane.
These 7:
Konstatiert wird, dass Hochschulen führungsstarke Hochschulleitungen benötigen. Deshalb sollte das Präsidium oder das Rektorat nicht nur für Berufungen und die Studierendenauswahl, sondern auch für die Struktur- und Entwicklungsplanung der Hochschule, für die Aufstellung des Haushalts und die Qualitätssicherung zuständig sein. Als Kontrollorgane sollten der Senat, die Fakultätsräte und der Hochschulrat fungieren. Der Rektor oder Präsident sollte in gemeinsamer Sitzung von Hochschulrat und Senat gewählt werden und auch Dienstvorgesetzter des wissenschaftlichen Personals sein.
These 8:
Alle Mitglieder einer Hochschule (Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studierende) sollten in Entscheidungsprozesse im Rahmen der akademisch-parlamentarischen Gremien einbezogen werden, doch bedürfe es in allen akademischen Gremien einer qualifizierten Mehrheit der Professorenschaft. Die „Viertelparität“ oder „Drittelparität“ führe zu Entscheidungsblockaden oder politischen Kompromissentscheidungen. Die Mitwirkung der wissenschaftlichen und der nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Studierenden sollte von der jeweiligen Betroffenheit und Kompetenz zur Mitwirkung abhängen und diene dazu, die Vielfalt von Erfahrungen und Interessen in den Entscheidungsprozess einzubringen.
These 9:
Der Hochschulrat sollte Aufsichts-, Entscheidungs- und Kontrollaufgaben wahrnehmen und mindestens zur Hälfte aus externen Fachleuten bestehen. Er sollte in die strategischen Planungen bei der Vorbereitung des Struktur- und Entwicklungsplanes und des Haushaltsplans maßgeblich einbezogen werden und auch bei der Wahl des Präsidiums oder Rektorats maßgebliches Gewicht haben. Der Hochschulrat sollte ein Organ der Hochschule sein und auch Aufsichtsaufgaben gegenüber dem Präsidium oder Rektorat wahrnehmen. In die Hochschulräte sollten kompetente und erfahrene Einzelpersönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft berufen werden. Diese sollten aber nicht als Interessenvertretung gesellschaftlicher Gruppen agieren, sondern als Experten und Expertinnen, die ausschließlich das Gesamtinteresse der Hochschule im Blick haben.
These 10:
Ziel sollte es sein, Wissenschaftspolitik langfristiger und unabhängiger von Legislaturperioden zu gestalten. Dazu sollte eine schrittweise Entkopplung zwischen Staat und Hochschulen angestrebt werden, zum Beispiel über „Puffer-Institutionen“. Ein erster Schritt könnte sein, dass der Staat das Gesamtbudget für die Hochschulen mit einer unabhängigen wissenschaftsnahen Einrichtung verhandelt, deren Mitglieder einvernehmlich von Landesregierung und Hochschulen mit Zustimmung des Parlaments bestellt werden. Diese Einrichtung könnte dann die differenzierte Weiterleitung der Mittel an die Hochschulen vornehmen. Daraus könnte sich dann in einzelnen Ländern eine Art „State University System“ entwickeln, in dem das Verhältnis zwischen Hochschulen und staatlichen Kontrollinstanzen nach amerikanischem Vorbild neu geregelt wird.
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