Studie mit Handlungsempfehlungen

Ungleiches ungleich behandeln! Wege zu einer bedarfsorientierten Schulfinanzierung

Thema

Rolle der Schulfinanzierung bei der Bildungsbenachteiligung von Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund

Herausgeberschaft

Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR)

Autoren/Autorinnen

Simon Morris-Lange

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2016

Stiftungsengagement

Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (Forschungsbereich), Stiftung Mercator

Literaturangabe

Simon Morris-Lange: Ungleiches ungleich behandeln! Wege zu einer bedarfsorientierten Schulfinanzierung. Hrsg. v. Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Policy-Brief 1/2016. Berlin 2016.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung hat entscheidenden Einfluss darauf, dass Schulen eine gezielte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund umsetzen können. 2007 hatten sich die Bundesländer dazu verpflichtet, ungleiche Ausgangslagen der Schulen auch in der Schulfinanzierung ungleich zu behandeln. Die Standortnachteile einzelner Schulen sollten durch zusätzliche Personalressourcen ausgeglichen werden, um die Lernmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund gezielt verbessern zu können. Um den schulischen Mehrbedarf systematisch ermitteln zu können, sind landesweit einheitliche Indikatoren erforderlich, wie beispielsweise soziale Benachteiligung, die mit kleinräumigen Daten hinterlegt werden, um auf dieser Basis über eine zusätzliche Förderung zu entscheiden.

Die Publikation stellt dar, wie eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung in Deutschland bisher umgesetzt wird und welcher Handlungsbedarf sich daraus ergibt. Grundlage ist die international vergleichende Studie „Die Rolle von Schulfinanzierung für die Bildungschancen von Schülern mit Migrationshintergrund: Ein transatlantischer Vergleich“ des US-amerikanischen Migration Policy Institutes (MPI) und des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Hier wurde untersucht, wie Schulbehörden in Deutschland, Frankreich, Kanada und den USA die ungleichen Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund bei der Ausstattung von Schulen berücksichtigen. Ein wichtiges Ziel der Studie war, mehr Erkenntnisse darüber zu erhalten, wie dadurch die Bildungsbenachteiligungen von Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund abgebaut werden können. Die Studie ist nur auf Englisch verfügbar, der Policy-Brief ist in deutscher Sprache verfasst.

Wichtige Ergebnisse

Ein wesentliches Ergebnis ist, dass bei der Finanzierung von Grund- und Sekundarschulen in Deutschland die schlechteren Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund bisher nicht ausreichend berücksichtigt werden. Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund erhalten zum Teil ebenso viele Zuschüsse wie die „Durchschnittsschule“ oder sogar weniger, obwohl sie einen Mehrbedarf hätten. Dies wirkt sich auf Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sehr nachteilig aus.

Die Analyse zeigt, dass nur in neun Bundesländern die Fördermittel auf der Basis klar definierter Indikatoren verteilt werden. In den anderen Ländern entscheidet die Schulverwaltung üblicherweise ohne Rückgriff auf solche Indikatoren, ob und wie viel zusätzliches Personal eine Schule erhält. Eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung sollte aber „harte“ Vergleichskriterien mit dem ortsspezifischen Kontextwissen der Schulbehörden kombinieren, so der Autor. Zudem mangele es in vielen Bundesländern an aussagekräftigen, schulgenauen Daten, die über die Sprachkompetenz von Schülerinnen und Schülern oder die soziale Benachteiligung in der Schülerschaft Aufschluss geben.

Handlungsempfehlungen

Im internationalen Vergleich wird deutlich, dass eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung wichtig ist, um die Bildungsbenachteiligungen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund abzubauen.

Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen, um die bedarfsorientierte Schulfinanzierung in Deutschland zu verbessern:

  • Einheitliche Kriterien und verlässliche Datenbasis: Der individuelle Bedarf einer Schule müsse verlässlich anhand einheitlicher, messbarer Kriterien (wie zum Beispiel schulgenauer Daten) zur Zusammensetzung der Schülerschaft festgestellt werden können. Grundlage sollten kleinräumige Daten sein, idealerweise auf Schulebene. Die Länder sollten daher eine einheitliche Datenbasis schaffen, indem sie entweder zusätzliche Daten über die Schülerschaft erheben oder kommunale Sozialraumdaten zusammenführen.
  • Bedarfsorientierte Verteilung der Ressourcen: Schulen mit einem hohen Anteil von Zugewanderten und Schulen in sozial schwieriger Lage müssten automatisch mehr und verlässliche Mittel erhalten. Die Länder sollten daher einen wesentlichen Teil ihrer Förderstellen datenbasiert zuweisen. Neben Daten sollten sie ergänzend das spezifische Kontextwissen der Schulbehörden nutzen, um die verbleibenden Ressourcen gezielt zu verteilen.
  • Qualitätssicherung: Um zu gewährleisten, dass die zusätzlichen Mittel bei den Schülerinnen und Schülern auch wirklich ankommen, sollten die Schulbehörden sich mit den Schulen regelmäßig auf konkrete Verwendungszwecke verständigen und den Einsatz der Mittel fortlaufend beobachten.